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Lande ferner gewirkt habe, läßt sich mit Bestimmtheit nicht sagen. Einer Sage zufolge predigte er in Äthiopien das Evangelium.

 2. Die Zeit der Abfassung unseres Evangeliums läßt sich aus der Angabe des Irenäus erschließen, welcher berichtet, Matthäus habe das Evangelium geschrieben, während Paulus und Petrus in Rom das Evangelium predigten und die Gemeinde daselbst gründeten. Demnach wäre das Evangelium des Matthäus in den Jahren 62–64 n. Chr. entstanden.

 3. Die Sprache, in welcher Matthäus sein Evangelium verabfaßte, ist nach dem einstimmigen Zeugnis des Altertums die aramäische, wie sie damals im jüdischen Lande gesprochen wurde. Sein Inhalt wurde der griechisch redenden Christenheit durch Dolmetscher vermittelt. (So Papias c. 125 n. Chr.) Unser griechisches Matthäus-Evangelium haben wir wohl als die Frucht dieser Dolmetschungen anzusehen. (Hätte Matthäus selber sein Evangelium übersetzt, so wäre ja ein Dolmetscher nicht nötig gewesen). Spuren unseres griechischen Evangeliums treffen wir schon um 110 n. Chr. in den Briefen des Ignatius und Polycarp. – Auf den aramäischen Urtext weisen zurück die nicht erklärten hebräischen Worte: Racha, Beelzebul, Simon von Cana und andere nur im griech. Text zu lesende Worte oder Ausdrücke z. B. 27, 6; 28, 1. Das aramäische Ur-Evangelium hat sich übrigens in seiner ursprünglichen Gestalt nicht erhalten, sondern ist unter den Händen der Judenchristen mit Zusätzen versehen, ja von den Ebioniten verfälscht worden, indem sie besonders den Abschnitt von der übernatürlichen Geburt JEsu beseitigten; es ist gänzlich verloren gegangen.

 Nicht wenige „lassen den Matthäus – auf Grund einer (oben teilweise angeführten) Äußerung des Papias – bloß als Verfasser einer hebräisch geschriebenen Sammlung von Reden oder Aussprüchen JEsu gelten. Diese Sammlung sei von anderen, auch in hebräischer Sprache, mit geschichtlichen Zusätzen erweitert und zu dem gegenwärtigen Umfang gebracht, dann erst von nicht bekannter Hand ins Griechische übersetzt worden. Dem Matthäus die Abfassung des ganzen Evangeliums, so wie es vorliegt, abzusprechen, glaubt man sich hauptsächlich dadurch berechtigt, das den Erzählungen des Matthäus die Anschaulichkeit und Genauigkeit im einzelnen abgehe, die er als einer der zwölf Apostel und Augenzeuge dessen, was er beschreibt, vor anderen haben müßte.“ Allein dies ist nicht ein Mangel, sondern eine schriftstellerische Eigentümlichkeit des Matthäus, dem es überall nur um das Charakteristische