Seite:Ferdinand Wilhelm Weber - Kurzgefaßte Einleitung in die heiligen Schriften (11. Auflage).pdf/303

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Hieronymus: Das Ev. des Markus sei so entstanden, daß derselbe niederschrieb, was Petrus mündlich erzählte. Es geschah dies jedoch, wie aus dem unten angeführten Citat hervorgeht, in selbständiger Weise. Demnach ist also das Evangelium des Markus nichts anderes, als die freie schriftliche Aufzeichnung der evangelischen Botschaft, wie sie Petrus zu verkünden pflegte, und schon Justin nennt das zweite Evangelium geradezu das Evangelium des Petrus. Dieses Verhältnis des Evangeliums zu der Verkündigung des Petrus war es auch, was das Altertum zur unbedingten Annahme desselben bewogen hat.

 2. Nach dem Zeugnis des Irenäus verfaßte Markus sein Evangelium erst nach dem Tode des Petrus und Paulus. Aus dem Zeugnis des Papias geht hervor, daß es bereits um 75 bis 100 n. Chr. in der Provinz Asien bekannt war. Die Schule des Kerinth, eines Zeitgenossen des greisen Apostels Johannes, gebrauchte es mit Vorliebe. Als Ort der Abfassung bezeichnen die Väter Rom. Jedoch ist das Evangelium nicht, wie etliche wollen, in lateinischer, sondern in griechischer Sprache abgefaßt, doch für Abendländer (vgl. die Erklärung griechischer Bezeichnungen durch beigesetzte lateinische in c. 12, 42 und 15, 16), vielleicht für die römische Christenheit selber, vgl. 15, 21 mit Röm. 16, 13.

 3. Der Zweck des Evangeliums ist, wie schon in der einleitenden Überschrift angedeutet, durch die Darstellung der Thaten JEsu in dem Leser den Glauben zu erwecken, daß JEsus der Sohn Gottes sei. Es gewährt uns dieses Evangelium das anschaulichste Bild von dem Menschensohne, der durch Wunder und Zeichen als der Sohn Gottes sich erwies. Von den anderwärts bei Matth. und


    der je nach den Bedürfnissen seine Lehrvorträge einrichtete, nicht als hätte er eine geordnete Zusammenstellung der Aussprüche des HErrn geben wollen. Daher hat Markus nicht gefehlt, wenn er einiges so niederschrieb, wie er es in der Erinnerung hatte. Denn er war nur auf eins bedacht: nichts von dem was er gehört wegzulassen oder etwas daran zu fälschen.“ – Die Stelle hat ihre Schwierigkeiten, namentlich der Ausdruck „Dolmetscher“, der hier von schriftlicher Vermittlung der Predigt Petri an die Mit- und Nachwelt zu verstehen sein dürfte. Was aber in ihr über die Entstehungsweise des Evangeliums, aus der sich auch der Mangel an strenger Ordnung und Vollständigkeit desselben erklärt, gesagt ist, erscheint völlig glaubwürdig.