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vgl. Dan. 11, 36). Das was diese Entwickelung der Dinge noch aufhält, bezeichnet der Apostel teils sachlich (v. 6), teils persönlich (v. 7), mit beiden Bezeichnungsarten wohl eine geistige Macht, den guten Engel des Völkertums (Dan. c. 10, 12–c. 11, 1) verstehend, welcher auch die sittlichen Mächte des Volkslebens, die gottgesetzten Autoritäten und göttlichen Ordnungen innerhalb der natürlichen Menschenwelt (Ehe, Familie, die Rechtsordnung des Staates etc.), aufrecht erhält. Das jetzt schon in der Welt wirksame Geheimnis der Bosheit wird seine persönliche Zusammenfassung und Vollendung in dem „Boshaftigen“ (dem Antichrist) erreichen, dessen vorübergehendem Triumph jedoch der HErr durch seine Wiederkunft ein Ende machen wird, wobei dann auch das Gericht über die ungläubige Welt ergeht (v. 8–12). Desto inniger – gegenüber dem der ungläubigen Welt bevorstehenden Geschick – ist der Dank des Apostels für die Berufung der Gemeinde, desto dringlicher seine Mahnung, an der Wahrheit festzuhalten und sein Gebet für sie um Stärkung und Bewahrung (2, 13–3, 5). Es folgt

 III. Warnung vor dem frommen Müßiggang c. 3, 6–16.

 Die Gemeinde soll in der Nachfolge des apostolischen Beispiels und Gebotes das Wesen derer meiden, welche nicht eigenes, sondern fremdes Brot essen wollen (3, 6–12), und diejenigen, welche dem apostolischen Befehl nicht gehorchen, in brüderliche Zucht nehmen, damit sie zur Umkehr sich bewegen lassen (13–16).

 Schluß. Der Apostel schreibt den Gruß mit eigener Hand, damit die Gemeinde an dem eigenhändigen Gruße, den er in jedem Briefe beifügt, seine echten Briefe von untergeschobenen (vgl. 2, 2) unterscheiden könne (3, 17. 18).


§ 79.
Der Brief an die Galater.

 Nach Galatien, einer Landschaft Kleinasiens zu beiden Seiten des Halys – so benannt von den Galliern (Kelten), die (um 250 v. Chr.) eingewandert, a. 180 v. Chr. von den Römern unterworfen und deren Land mit Inbegriff der von Antonius dem galatischen König Amyntas geschenkten Landschaft Lykaonien a. 26. n. Chr. zur römischen Provinz gemacht worden sind –, war Paulus schon auf seiner zweiten apostolischen Reise (Akt. 16, 6) gekommen und hatte dort unter schweren körperlichen Leiden christliche Gemeinden gestiftet (Gal. 1, 6; 4, 13, 1 Kor. 16, 1) die vornehmlich aus Heiden bestanden, wiewohl es in Galatien nicht an Juden fehlte. Die Namen dieser Gemeinden sind uns nicht genannt, was sich vielleicht daraus erklärt, daß die galatische Landschaft keinen Hauptort hatte, dessen Gemeinde einen ähnlichen Mittelpunkt für die galatische Christenheit hätte abgeben können, wie Korinth für die achaiische, Ephesus für