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des Heils („des Segens Abrahams“) auch auf die Völkerwelt aus, ohne daß es zur Erlangung desselben etwas anderes bedarf, als den Glauben (3, 8–9). Dagegen das Gesetz wirkt Fluch (weil niemand es vollkommen halten kann); ein Fluch, von dem uns Christus erlöst hat, indem er in seiner Person an unserer Statt ihn büßte (3, 10–14). Im Anschluß hieran kommt der Apostel auf die Stellung und Bedeutung des Gesetzes in der Heilsgeschichte (und Heilsordnung) zu sprechen. Das Gesetz ist nicht eine nachträglich an die Verheißung angehängte Bedingung (eine einschränkende Testamentsklausel); als solche käme es, 430 Jahre nach der Verheißung, zu spät und würde dieselbe überdies geradezu umstoßen (15–18); seine Bedeutung ist nur eine zeitweilige, für die Gnadenoffenbarung vorbereitende gewesen: durch Weckung und Schärfung des Sündenbewußtseins zu erziehen für Christum, den Glauben und die Gotteskindschaft, in welcher die natürlichen Unterschiede (des Volkes, Standes und Geschlechts) als für das Verhältnis zu Gott belanglos aufgehoben sind (v. 19 bis 29). Nun, nachdem diese Vorbereitungszeit zu Ende, sind die, die ehemals unter dem Gesetz waren, aus dessen Vormundschaft entlassen und zu selbständigen Gotteskindern gereift (4, 1–7), und die ehemals Heiden waren, sind durch Christum der Botmäßigkeit unter ihren Göttern entnommen; wie sollten diese durch Annahme des Zeremonial-Gesetzes zu einer ihrem früheren heidnischen Naturdienst in vielfacher Beziehung ähnlichen elementaren Stufe gottesdienstlichen Lebens zurückkehren (4, 8–11)?

 Einen unerwartet herzlichen Ton schlägt der folgende Abschnitt an (4, 12–20), in welchem der Apostel den Galatern die Störung ihres persönlichen Verhältnisses zu ihm vorhält, welche damit eingetreten sei, daß sie jenen nur von Parteieifer getriebenen jüdischen Eindringlingen bei sich Raum gegeben haben. Nach diesem Appell an das Gemüt seiner Leser wird die Rede des Apostels wieder lehrhaft. Aus der typischen Anfangsgeschichte Israels, an dem Verhältnis Ismaels und Isaaks, von denen der eine, der Sohn der Magd, natürlicherweise, der andere, der Sohn der Freien, kraft Glaubens an die Verheißung erzeugt ist, zeigt er ihnen den unversöhnlichen Gegensatz gesetzlichen und evangelischen Wesens, des fleischlichen Judentums und der Gemeinde der aus dem Geist geborenen Gotteskinder, die, obwohl hier verfolgt, doch die Erbin der Verheißung ist (4, 21–31). Nachdrücklichst macht der Apostel sie dann auf die Größe der Gefahr aufmerksam, in der sie bereits schweben: Beschneidung und Gesetz annehmen heißt Christum verlieren und aus der Gnade fallen – und schließt dann mit einem scharfen Wort über die sie verstörenden Irrlehrer den ganzen Abschnitt (5, 1-12). Der nun folgende Schlußteil des Briefes zieht

 III. die rechten sittlichen Folgerungen aus der Lehre des Paulus 5, 13–6, 10.

 Die Christen sind also frei vom Gesetz. Diese Freiheit aber sollen sie auch bewähren durch einen Wandel im Geist, indem sie den Geist in sich walten lassen und das Fleisch töten (5, 13–24), insonderheit christliche Liebe üben, die ebenso eine seelsorgerlich tragende als eine mitteilende und gebende ist