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des Mittelalters haben auf diese und ähnliche Stellen hingewiesen; später auch Theologen des Reformationsjahrhunderts, endlich auch der jüdische Philosoph Spinoza. – Doch können solche Zusätze oder Einschiebungen dem Ganzen den Charakter eines Werkes Moses nicht nehmen, zumal nach Josua 24, 26 Zusätze zu dem vorhandenen Gesetzbuch in späterer Zeit gemacht wurden.

 Man will gegen Moses Urheberschaft geltend machen, daß dieselben von einander unterschiedenen schriftstellerischen Eigentümlichkeiten, die man im Pentateuch wahrzunehmen glaubt und aus welchen man auf verschiedene Quellen desselben schließt, auch in Josua sich fänden. Aber so weit dies der Fall ist, geht daraus doch bloß hervor, daß eine Beziehung zwischen beiden Büchern besteht; die Geschichtschreibung Josuas und der späteren histor. Bücher kann sich ja auch durch die Weise eines schon vorliegenden mosaischen Werkes haben bestimmen lassen, was zum Mindesten wahrscheinlicher ist, als das Umgekehrte.

 Man behauptet ferner, daß gewisse aus dem Kontext des Pentateuchs unabtrennbare Stellen oder Ausdrücke einen Autor aus späterer Zeit verrieten. Allein es lassen jene Stellen, aus welchen man auf einen späteren Autor schließt, mehrfach Erklärungen zu, vermöge welcher ein Zwang, dieselben einem späteren Autor zuzuschreiben, nicht besteht. Es ist deshalb größere Zurückhaltung geboten. Weil es z. B. in der historischen Einrahmung des Deuteronomiums (1, 1, 5; 4, 41–49) öfters heißt bei Bezeichnung des Ostjordanlandes: jenseits des Jordans, so schließt man daraus, daß der Standpunkt des Verfassers das Westjordanland ist. Aber warum schreibt denn dann der Verfasser des Josuabuches, dessen Geschichte doch im Westjordanland spielt, c. 5, 1 gleichfalls: jenseits des Jordans, wenn er das Westjordanland bezeichnen will? Sieht man die betreffenden Stellen näher an, so findet man, daß „jenseits des Jordan“ ein neutraler Ausdruck ist und beide Seiten bezeichnen kann, daher auch, wenn die betreffende Seite sich aus dem Zusammenhang nicht unmittelbar ergibt, immer noch hinzugefügt wird: ostwärts oder westwärts oder eine andere verdeutlichende Ortsbestimmung. – Ebensowenig Kapital läßt sich gegen mosaische Urheberschaft daraus schlagen, daß Ex. 27, 12 der Westen mit „meerwärts“ ausgedrückt wird. Oder lag das Meer, durch welches hindurch die Israeliten zum Sinai gingen, nicht westlich von ihrem Lager? oder könnte das nicht eine aus Kanaan mit nach Ägypten genommene Bezeichnung des Westens sein? – Ein anderes Beispiel: Das Citat Num. 21, 14–15 aus dem Buch der Kriege des HErrn, sagt man, wolle belegen, daß der Arnon in jener Zeit die Grenze Moabs bildete, ein solcher Beleg aber war für die Zeitgenossen Moses, die den Arnon ja selber überschritten hatten, überflüssig. Aber weit entfernt, daß die Pentateuchstelle durch das Citat belegt werden soll, wird vielmehr die citierte Stelle, die an sich nicht ganz deutlich wäre, von der Pentateuchstelle aus klar, und zu diesem Zweck ist sie hier mit einem „Darum“ nicht mit einem „Denn“ beigefügt. Allerdings tritt uns damit das „Buch der Kriege Jahves“ als früheres