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anleiten zu rechter Erfassung der hohen Gnade, die ihnen mit Aufnahme in die Gemeinschaft der christlichen Kirche zu Teil geworden ist, und zu einem ihrem Stand entsprechenden Wandel. Von einem Bestreben, Judenchristen und Heidenchristen zu völliger gegenseitiger Verschmelzung bestimmen zu wollen – zu welchem Zweck der Brief erdichtet sein sollte – ist in den Ausführungen des Briefes selber nichts wahrzunehmen.

 3. Eine bestimmte Veranlassung diesen Brief zu schreiben, d. h. eine andre als der in seinem Heidenapostelamte begründete Wunsch, mit einer ihm persönlich unbekannten Heidenchristenheit in Beziehung zu treten, läßt sich nicht nachweisen. Nach dieser Seite hat es mit dem Brief an die Epheser eine ähnliche Bewandtnis wie mit dem an die Römer.

 4. Die Anlage ist folgende:

 I. Die Lehre c. 1–3.

 Der Apostel beginnt nach der Zuschrift (1, 1–2) mit einem Lobpreis des Heiles in Christo, womit Gott uns gesegnet hat (3). Dieses hat seinen Ursprung in dem ewigen Gnadenratschluß Gottes in Christo (4–6), ist in der Zeit verwirklicht worden durch den Opfertod Christi (7), wird zugeeignet durch die Verkündigung des Gnadenwillens Gottes, dessen letztes Ziel die Zusammenfassung des Alls in Christo als seinem einheitlichen Mittelpunkt – das Endziel aller Geschichte – ist. Anfänglich verwirklicht ist dieses Ziel in der Herstellung eines neutestamentlichen Eigentumsvolks, der Gemeinde, die in dem heiligen Geist das Unterpfand ihrer künftigen Erlösung hat (8–14). Vom Dank schreitet der Apostel fort zur Fürbitte. Er bittet für die Leser um volles Verständnis für die Herrlichkeit ihres Christenstandes und der Größe der – nur mit Christi Auferweckung vergleichbaren – Wunderthat der Gnade, die sie in diesen Stand versetzt hat, indem sie durch dieselbe und nur durch sie aus dem Sündentod erweckt und der himmlischen Herrlichkeit Christi, des erhöhten Hauptes der Gemeinde, teilhaftig geworden sind (1, 15–2, 10). Wie sehr sie alles der Gnade zu verdanken haben, kann sie ein Blick auf ihren früheren Zustand lehren, da sie von der israelitischen Heilsgemeinde und ihren Heilsgütern ausgeschlossen waren. Nun aber, nachdem Christus die Scheidewand des Gesetzes abgebrochen und den national-religiösen Gegensatz des Juden und Heiden in der höheren Einheit des (durch seinen Kreuzestod mit Gott versöhnten) Christen aufgehoben hat, sind sie mit dem gläubigen Israel Eine Gemeinde und eingefügt in den Wunderbau der Kirche Gottes (11–12).

 Auf Grund dieses Thatbestandes nun und vermöge seines Amtes als Heidenapostel, als welchem ihm der besondere Beruf geworden ist, das vordem verborgene Geheimnis kund zu thun, daß auch die Heidenwelt neben Israel