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 Inhaltsangabe.

 Onesimus war nach Rom gekommen, s. § 82, und hier durch Paulus bekehrt worden (Philem. 10 f.). Nun sendet Paulus ihn im Geleite des Tychikus (Eph. 6, 21. Kol. 4, 7–9) seinem Herrn zurück, und obwohl er als Apostel das Recht hätte, von Philemon Verzeihung für Onesimus zu verlangen, so bittet er doch darum, indem er sich nach der Zuschrift (1–3) erst auf den Glauben und die Liebe Philemons gegen alle Heiligen im allgemeinen beruft (4–7), dann aber darauf hinweist, in welches Verhältnis nunmehr Onesimus durch seine Bekehrung zu Paulus nicht bloß, sondern auch zu Philemon getreten sei. Denn dem Apostel ist Onesimus nun ein teurer Sohn, dem Philemon aber, obwohl ein Sklave, doch ein Bruder. Um dieser beiden Gründe willen, bittet Paulus, möge er dem Onesimus vergeben (8–17). Übrigens will Paulus den etwaigen Schaden, den Onesimus durch sein Entlaufen seinem Herrn zugefügt, ersetzen, wenn nicht Philemon etwa durch Erlaß der Schuld das gut machen will, was er selbst dem Apostel schuldet (18–21). Schließlich bittet er für die Zeit, wo er frei wird, um Herberge im Hause Philemons und bestellt seine und seiner Freunde Grüße (22–24).

 Dies der Inhalt des Briefes. Er ist von großer Feinheit und Zartheit nach Form und Inhalt, ausgezeichnet durch das herrliche Ebenmaß apostolischer Würde und brüderlicher Demut und Liebe, – ein großes Vorbild heiliger Weise des Verkehrs unter Christen.


§ 86.
Der Brief an die Philipper.

 1. Die Gemeinde zu Philippi, eine der Hauptstädte Makedoniens, war die erste, welche Paulus auf seiner zweiten Missionsreise gründete (Akt. 16). Sie stand ihm persönlich besonders nahe, so sehr, daß er sie (4, 1) seine Freude und Krone nennt. Und es war ja allerdings schon ihre Gründung von so großen Erweisungen göttlicher Wundermacht begleitet, daß sie ihm wie ein Unterpfand des Gelingens seiner neubegonnenen apostolischen Arbeit im Abendlande erscheinen mußte; und gleich von Anfang an war dem Apostel in Philippi eine solche Willigkeit entgegengekommen (2, 12), daß wir uns nicht wundern können, wenn er mit dieser Gemeinde besonders innig verbunden war. Dieses innige Verhältnis blieb auch fort und fort, wie denn die Philippische Gemeinde die einzige war, von der Paulus Unterstützung annahm (4, 15 ff.).

 2. So kam es auch, daß die Gemeinde zu Philippi dem gefangenen Paulus ganz besondere Teilnahme bewies (4, 10 ff.). Sie entsendete nämlich den Epaphroditus mit einem Schreiben und einer