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die Lukas oder Clemens nennt, bekannt ist, dennoch als ein ungelöstes Rätsel stehen läßt. Allmählich fand der Hebräerbrief wohl infolge Bekanntwerdens der Schriften des Origenes seit Mitte des 4. Jahrhunderts auch im Abendlande Eingang und auf der Synode von Karthago (397) wurde er als der vierzehnte den Briefen des Paulus beigezählt.

 Was nun das Selbstzeugnis des Briefes betrifft, so fehlt ihm zwar der apostolische Gruß und die Selbsteinführung des Verfassers, aber nicht jede persönliche Beziehung auf denselben. Vergl. 13, 23. 24; 13, 18 f. Diese Stellen beweisen, wenn auch nicht die Abfassung des Briefes durch Paulus, so doch jedenfalls seine Herkunft aus dem paulinischen Lehrkreise. In der näheren Umgebung des Apostels werden wir den Verf. jedenfalls zu suchen haben, so daß ein mittelbar paulinischer Ursprung des Briefes wohl möglich wäre. Der Stelle 2, 3 dürfte bei der Frage nach dem Verfasser kein entscheidendes Gewicht beizulegen sein. Dagegen läßt sich nicht leugnen, daß der Lehrgehalt dieses Briefs vielfach neu und eigentümlich ist. Die Auferstehung tritt zurück hinter der Erhöhung und Vollendung Christi durch seinen Hingang zum Vater. Christus erscheint als Hohepriester und zwar nach der Weise Melchisedeks, paulinische Grundbegriffe (wie Rechtfertigung, Werke des Gesetzes etc.) fehlen ganz oder treten völlig in den Hintergrund; der Glaube erscheint nicht als Mittel der Aneignung der Rechtfertigung, sondern als Sache des über die Ungenüge der Gegenwart mit der verheißenen Zukunft sich tröstenden Vertrauens etc. Indessen ließe sich diese Verschiedenheit des Lehrgehalts immerhin aus der eigenartigen Veranlassung und dem Zweck des Hebräerbriefs genügend erklären; ist diese Verschiedenheit ja nicht minder groß zwischen anderen paulinischen Briefen wie z. B. zwischen dem Galater- und Epheserbrief.

 Was aber entschieden gegen unmittelbar paulinische Abfassung spricht, das ist der Stil des Briefes, der durch Reinheit des griechischen Ausdrucks, sorgfältigen Periodenbau, die rhetorische Fülle und Erhabenheit seiner Sprache von dem der paulinischen Briefe mit der Gedrungenheit ihrer Gedanken, der dialektischen Schärfe der Beweisführung und ihren sprachlichen Unebenheiten so unverkennbar sich unterscheidet, daß es schwer, ja unmöglich erscheint, ihn dem