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 4. Der Inhalt des Briefes ist demnach folgender:

 Zuschrift 1, 1–4.

 I. Anweisung zur Bestellung des Ältestenamtes c. 1, 5–16.

 Bei der Wahl von Ältesten soll Titus (vgl. 1 Tim. 3) vor allem auf sittliche Unbescholtenheit, d. i. untadeliges häusliches und öffentliches Leben sehen, aber auch auf Reinheit in der Lehre, da es gilt, die Gemeinde in der gesunden Lehre zu unterweisen und die Gegner zu überwinden (1, 5–9). Letzteres besonders gegenüber jenen eitlen Schwätzern, die mit ihren jüdisch-gnostischen Fabeln und Menschensatzungen bei den von jeher mit Recht übel beleumundeten Kretern Eingang gefunden hatten, und die durch dieselben gleicherweise die christliche Heilswahrheit wie die christliche Sittlichkeit schädigten, indem sie letztere in die Beobachtung des äußeren Unterschiedes von gesetzlich rein und unrein setzten, die mit der innerlichen Befleckung Hand in Hand gehen kann (15–16).

 II. Anweisung, wie Titus selber ein der gesunden Lehre entsprechendes Anhalten anempfehlen soll, c. 2, 1–3, 11.

 Zunächst soll er die einzelnen je nach Alter, Geschlecht und Stand zu christlichem Wandel ermahnen (2, 1–10); die Männer und Frauen (1–5), die Jüngeren, denen er, der selbst noch zu ihnen gehört, zugleich durch sein Beispiel predigen soll, endlich die Sklaven; denn ein gottgeweihtes, in guten Werken fleißiges Volk sich zu erziehen ist die Absicht der in Christo erschienenen Gnade und seiner Selbsthingabe in den Tod. So soll Titus lehren und vermahnen (11–15). Er soll aber auch den kretischen Christen ihre Pflicht gegenüber der außerchristlichen Welt vorhalten: Gehorsam gegen die Obrigkeit. Sanftmut und Friedfertigkeit gegen alle Menschen, auch die Heiden, zu erzeigen, eingedenk, daß es die freie Gnade Gottes war, welche sie einst aus gleichem Sündendienst herausgehoben, durch die Wiedergeburt in der Taufe umgewandelt, sie gerecht und zu Erben des ewigen Lebens gemacht hat (3, 1–8). Diejenigen aber, welche sich mit unnützer Schriftgelehrsamkeit (v. 9) befassen, um die Gemeinde zu zerspalten und sich einen Sonderanhang zu verschaffen, soll er, wenn sie auf mehrmalige Ermahnung sich nicht fügen, meiden (10–11).

 Schluß. Persönliches. Grüße (12–15).


§ 91.
Der zweite Brief an den Timotheus.

 1. Wie wir schon oben § 87 sahen, schrieb Paulus diesen Brief als Gefangener. Daß diese Gefangenschaft eine andere war, als jene erste, welche mit dem Jahre 63 endete, wurde aus der Betrachtung der völlig veränderten Umstände bei jener und bei dieser Haft ersichtlich. Aber so einfach dies ist, daß der zweite Brief an Timotheus eine zweite römische Gefangenschaft fordert, so schwierig