Seite:Ferdinand Wilhelm Weber - Kurzgefaßte Einleitung in die heiligen Schriften (11. Auflage).pdf/411

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Mutter und Großmutter auf, sich mutig zum Evangelium, aber auch zu dem um des Evangeliums willen in Haft liegenden Apostel zu bekennen, eingedenk dessen, was wir der berufenden Gnade Gottes und der Wohlthat Christi, die uns im Evangelium kund gethan ist, verdanken. Letzteres um so mehr als er ja weiß, wie eine ganze Anzahl kleinasiatischer Christen das persönliche Verhältnis zu dem Apostel abgebrochen hat, weshalb Timotheus durch das Vorbild des Onesiphorus, der den Apostel in Rom aufsuchte und durch diesen Beweis der Treue erquickte, sich umsomehr angetrieben fühlen muß, die Gemeinschaft mit dem Apostel zu bethätigen und ihn durch seine persönliche Anhänglichkeit für die Bitterkeit jener Erfahrung zu entschädigen c. 1.

 Mehr als an seiner Person jedoch liegt dem Apostel an der Verkündigung seiner Lehre, auf deren Fortpflanzung Timotheus bedacht sein soll, wie er andernteils bereit sein soll, um des Evangeliums willen mit dem Apostel zu leiden (2, 1–3). Um das zu können, muß er ferne halten, was ihn am Kampfe hindert (4–5), und gedenken 1) des Lohnes, der seiner wartet (6); 2) der Hilfe vom HErrn, die ihm zu teil wird (7); 3) des Vorbildes Christi, der vom Tod zum Leben, von Niedrigkeit zur Herrlichkeit gedrungen ist, und seines Apostels, der jetzt für die Gläubigen mit Christo leidet, aber gewiß weiß, daß er auch mit Christo herrlich werden wird (8–12); 4) der allezeit gewissen Treue, mit der der HErr an seinem Verheißungsworte hält (2, 1–13).

 II. Belehrung des Timotheus über die richtige Führung des Evangelistenamtes sonderlich im Kampf gegen Irrlehre c. 2, 14–4, 8.

 1. Wie Timotheus lehren soll 2, 14–26.

 Des leeren Wortgezänks bloßer Lehrstreitigkeiten soll er sich enthalten, um so mehr als dasselbe bereits da und dort bis zum Widerspruch gegen Grundlehren des Christentums, so z. B. zur Leugnung der leiblichen Auferstehung (durch verflüchtigende Umdeutung derselben) fortgeschritten ist und zu besorgen ist, daß derselbe noch weiter um sich greift (14–18). Anderseits aber soll Timotheus darum, daß es den Widersachern gelingt, den Glauben mancher zu verstören, nicht an dem Fortbestand der Gemeinde Gottes selber verzweifeln. Denn ihr Fundament steht fest mit seinem doppelten Wahrspruch (aus dem Art und Wesen des über dem Grund sich erhebenden Baus ersichtlich wird): der HErr kennt die Seinen (und erhält sie inmitten der Masse der Abgefallenen), und: Man kann der Kirche nicht angehören, die er bauet, ohne dem ungöttlichen Wesen zu entsagen, das mit dem Namen Gottes im Widerspruch steht (19). Ist hiemit das Wesen der Kirche bezeichnet, so tritt uns in dem Bild von dem großen Haus mit mancherlei Gerät die Kirche auch in ihrer Erscheinung entgegen, als welche sie nicht bloß den Unterschied mannigfach abgestufter Begabungen, sondern auch den Gegensatz von (sittlich) wert und unwert in dieser Zeit in sich trägt. Doch kann, wer von der Sünde sich reinigt, aus einem Gefäß der Unehre ein Gefäß zur Ehre werden. Dies doppelte gibt der Apostel dem Timotheus zu bedenken, damit er einesteils an dem Fortbestand der Gemeinde nicht irre werden und zweitens niemanden sogleich aufgeben soll (19–21).