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Fleisch, welche noch nicht Christen waren, mit diesen erkennen möchten, daß ein Knecht Jehovas auch ein Knecht JEsu Christi (1, 1) sein müsse, ist nicht von der Hand zu weisen.

 So individuell uns nun aber in dem Schreiben die Gemeindezustände gezeichnet werden, sowohl nach den äußeren Umständen (1, 8–11; 4, 3; 5, 1 ff.), als nach den sittlichen Zustände (1. 2 ff. 19 f.; 2, 1 ff.; 3, 2 ff. 14; 4, 1 ff. 11) und der Glaubensstufe der Leser (2, 14 ff.), wie nach Verfassung und Leben in der Gemeinde (5, 14 f.; 3, 2; 2, 2 ff.), – so läßt sich bei der allgemeinen Haltung der Überschrift über den Aufenthaltsort der Leser nichts Bestimmteres sagen, als daß er außerhalb Palästinas, an einem der Mittelpunkte der jüdischen Diaspora, wo jedoch die jüdische Bevölkerung auch Ackerbau trieb (c. 5), zugleich in größerer Isolierung von heidnischer Umgebung – vielleicht in Syrien oder Babylon – zu suchen sei.

 3. Für die Zeit der Abfassung bietet das Schreiben ebensowenig einzelne Anhaltspunkte. Wenn man eine Beziehung auf paulinische Briefe darin hat finden wollen, so beruht das auf Mißverstand der Lehre des Jakobus. Der Brief enthält ja nicht theologische Polemik. Eher könnte man sagen, St. Paulus nehme im Römerbrief (c. 4) auf Jakobus Rücksicht. Dagegen spricht das enge Zusammenleben von Judenchristen und Juden (vgl. Apg. 11, 19 u. 13, 42 ff.), die noch fließenden Grenzen zwischen christlicher Gemeinde und Synagoge (c. 2, 1 ff.), die Freiheit, als Lehrer aufzutreten (3, 1), die Stellung und Aufgabe der Ältesten (5, 14 ff.) und der ganze Charakter des Briefes, namentlich die Anklänge an die Reden des HErrn[1] dafür, daß er in die erste Anfangszeit christlicher Gemeindegründung gehört, und wahrscheinlich das älteste Schreiben aus apostolischem Kreise ist, das wir besitzen. – Die Krankhaftigkeit des Glaubens, die man als tote Orthodoxie bezeichnen könnte, und die allerdings kein Anfangszustand zu sein pflegt, erklärt sich dabei


  1. Vgl. Jak. 1, 2 mit Matth. 5, 10–12; 1, 5 mit Matth. 7, 7. 11; 1, 6 mit Matth. 21, 21; 2, 8 mit Matth. 22, 39; 2, 13 mit Matth. 7, 2; 3, 12 mit Matth. 7, 16; 4, 4 mit Matth. 6, 24; 4, 10 mit Matth. 23, 12. Luk. 18, 14; 5, 2 mit Matth. 6, 19; 5, 12 mit Matth. 5, 34 ff. u. a. m.