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 Eingang v. 1–4. Was der Apostel selbst gesehen und erfahren, die Offenbarung des ewigen Lebens in Christo, das verkündigt er, damit die Gemeinde an dem ewigen Leben durch die Gemeinschaft mit Christo und dem Vater Anteil habe. Dies ist das Wesen des Christentums.

 Entsprechend der Verkündigung, die Johannes von Christo über das Wesen Gottes vernommen hat, daß Gott Licht ist und ist keine Finsternis in ihm, muß der Christenwandel ein Wandel im Lichte sein, d. h. der Christ darf keine Gemeinschaft mit der Sünde haben. Damit ist nicht die auf Erden nicht erreichbare Stufe sündloser Heiligkeit gefordert, vielmehr ist mit dem Vorkommen der Sünde (ob auch als einer Anomalie) auch im Christenleben gerechnet, die es gilt bußfertig zu bekennen und für sie Reinigung im Blut JEsu, unseres Versöhners und Fürsprechers bei Gott zu suchen (1, 5–2, 2). Zum andern aber soll sich des Christen Gemeinschaft mit dem Vater auch erzeigen als Wandel in der Liebe in der Nachfolge Christi (3–11). Das Gegenteil vom Wandel in der Gemeinschaft Gottes ist einmal die Weltliebe, denn solche, die den Vater und Sohn kennen und den Argen überwunden haben, können die Welt nicht lieben, weil beides sich widerspricht (12–17); zum andern die antichristliche Lüge, die JEsum leugnet, damit aber auch den Vater leugnet. Mögen dagegen die Christen an dem halten, was sie von Anfang gehört! So werden sie auch in der Gemeinschaft Gottes bleiben. Sie dürfen nur in dem bleiben, was sie gelernt haben, in dem, was ihnen der Geist, mit dem sie gesalbt sind, bezeugt, so werden sie nicht irren und auch vor Christo bestehen, wenn er wieder kommt (2, 18–28). Wesentlich die gleichen Gedanken wie in 1, 5–2, 11, nur in neuer Beleuchtung, begegnen uns in dem Abschnitt 2, 29–3, 18. Das christlich-sittliche Verhalten erscheint hier (2, 29–3, 10) einesteils negativ als „Meiden der Sünde“, positiv als „Selbstbewahrung“ v. 3 und „Rechtthun“, (2, 29; 3, 7), andernteils als Bruderliebe und zwar als thätige nach Christi Vorbild (3, 11–18): die Befähigung und Verpflichtung zu solchem Wandel in der Gerechtigkeit wird hergeleitet aus der Thatsache unserer Geburt aus Gott; als neues sittliches Motiv erscheint die Hoffnung (3, 1–3), nämlich der Ausblick auf die Vollendung unserer Gotteskindschaft in der dereinstigen Verklärung zur Ähnlichkeit des Bildes Christi (3, 1–3). Die ganze Rede des Apostels ist hier beherrscht durch die scharfen Gegensätze: Gotteskinder und Teufelskinder, Sünde und Gerechtigkeit, Liebe und Haß, Leben und Tod (3, 4–10). Die Bruderliebe aber als Erweis des Lebens aus Gott ist zugleich der Beweis dafür, daß wir zu Gott in dem richtigen Verhältnis stehen, ein Thatbestand, dessen wir in dem Frieden unseres Gewissens und der erhörungsgewissen Freudigkeit zum Gebet inne werden (v. 11–22). Alles Gebot aber faßt sich zusammen im Glauben an Christum und in der Liebe zu den Brüdern; wo diese waltet, da ist Gemeinschaft mit Gott und die Gabe des h. Geistes (23–24).

 Der göttliche Grund unseres Christenstandes aber ist der Besitz des uns innewohnenden Geistes – dies der schon durch die fast wörtliche Wiederholung von 3, 24 in 4, 13 hervorgehobene Hauptgedanke dieses Abschnitts (4, 1–21).