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nur so viel, daß dasselbe nicht vor den Zeiten der Herrschaft Davids über Israel, und zwar nicht vor dem Höhepunkte der Regierung dieses großen Königs verfaßt worden ist. Es liegt also zwischen der Begebenheit und der Abfassung der Erzählung ein Zeitraum von wenigstens 150 Jahren, woher es kommt, daß der Verfasser seinen Zeitgenossen c. 4, 7 ältere Sitten aus der Zeit Ruths erklären muß. Wer der Verfasser war, ist nicht zu ermitteln. Der talmudischen Überlieferung zufolge hätte Samuel mit dem Richterbuch auch das Büchlein Ruth verabfaßt. – Das Büchlein ist ausgezeichnet durch seine Form und überaus lehrreich durch seine Schilderung israelitischer Verhältnisse im letzten Jahrhundert der Richterzeit. Durch letzteres dient es dem Richterbuch zur Ergänzung.

 Inhaltsangabe. c. 1 erzählt, wie es sich fügte, daß die Moabitin Ruth aus dem Moabiterland mit Naemi nach Bethlehem zog; c. 2, wie der HErr sie für die Treue gegen die Schwiegermutter und ihren Anschluß an den Gott Israels auf dem Felde Boas segnete; c. 3, 1–4, 17, wie sie auf Naemis Rat endlich die Verehelichung mit Boas suchte und erlangte, und c. 4, 18–20, wie sie hiedurch die Ahnfrau des Königs David ward.


§ 29.
Die Bücher Samuels.

 1. Die Bücher Samuels bildeten ursprünglich und bilden in den hebräischen Handschriften noch jetzt ein ungeteiltes Ganzes. Die Teilung in zwei Bücher ist von den alexandrinischen Übersetzern ausgegangen und aus der griechischen Übersetzung zunächst in die Vulgata und die anderen Übersetzungen übergegangen. – In der LXX und Vulgata sind diese Bücher mit den Büchern der Könige zusammengezählt und als erstes und zweites Buch der Königreiche (LXX) oder als erstes und zweites Buch der Könige bezeichnet. Im hebräischen Kanon und demgemäß in der lutherischen Bibelübersetzung heißen sie Bücher Samuels (ursprünglich „Buch Samuels“). Beide Benennungen sind richtig. Die erste, weil allerdings in diesen Büchern die Entstehung und Geschichte der Königreiche Sauls und Davids erzählt wird, die zweite, weil Samuel, welcher die Könige Saul und David gesalbt und mit seinem Geiste geleitet hat, der geistige Mittelpunkt der Geschichte dieser Bücher ist.

 2. Der Verfasser nennt sich selber nicht. Der jüdischen (talmudischen) Überlieferung zufolge, die sich auf 1 Chron. 29, 29