Seite:Ficker Entstehung Sachsenspiegel 069.jpg

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ursprünglichsten hinstellen, so müsste nach der einen Seite hin eine Verkürzung stattgefunden haben, welche im Texte des Dsp. schon weit vorgeschritten, endlich in Q ihren Abschluss gefunden hätte; nach anderer Seite hin Erweiterungen. Eine solche Behauptung, auf welche übrigens auch die Annahme der Priorität des Swsp. unter noch schwierigern Umständen hinführen müsste, würde die Textentwicklung doch zu einem unlösbaren Räthsel machen. H. v. D. hat sie auch, wenn ich ihn recht verstehe, nicht aufgestellt, und würde sie schwerlich vertreten wollen. Halten wir aber an der bisherigen Ansicht von der Textentwicklung fest, was kann dann U über die Beschaffenheit des Urtextes Q gegenüber erweisen? Wenn es einige Eigentümlichkeiten zeigt, welche ohnehin leicht erklärlich sind, wesshalb sollte es gerade wegen dieser auf einen uns ganz unbekannten ursprünglichsten Text zurückgegriffen haben müssen, dessen Existenz ohne allen Einfluss auf die übrige Textgestaltung geblieben wäre? Dass die Hs. n. 89 und 90 auf einer Vorlage beruhen, welcher der Schlusstheil von 3, 32 ab fehlte, will ich nicht bestreiten; wie kann aber der Nachweis des Fehlens eines Theiles in dieser oder jener Hs. irgend etwas gegen die Ursprünglichkeit dieses Theiles erweisen, so lange nicht nachgewiesen wird, dass diese Hs. überhaupt einen ursprünglicheren Text habe, als andere, welcher dann wahrscheinlich machen könnte, dass nicht hier etwas fortgelassen, sondern in anderen etwas zugesetzt sei? Wäre die Vermuthung des H. v. D., es habe eine ursprünglichere Form des Ssp. gegeben, in welcher der insbesondere das Reichsstaatsrecht enthaltende Schlusstheil fehlte, gegründet, so müsste sich das ganz unzweifelhaft in einer vom übrigen Werke abweichenden Textentwicklung zeigen. Das tritt z. B. bei dem, wenn auch wahrscheinlich von demselben Verfasser herrührenden, doch wohl nicht gleichzeitig mit dem Landrechte in Umlauf gesetzten sächsischen Lehnrechte wirklich hervor, indem das Verhältniss der verschiedenen Formen zu einander im Landrechte und im Lehnrechte kein entsprechendes ist. Vgl. Homeyer Ssp. 2 a, 70. F. Dsp. 90 (202). Ganz dasselbe ergibt sich für den später zugefügten dritten Theil des schwäbischen Landrechts verglichen

mit den beiden ersten. Vgl. F. Dsp. 141 (257). Dagegen ist

Empfohlene Zitierweise:
Julius von Ficker: Über die Entstehungszeit des Sachsenspiegels und die Ableitung des Schwabenspiegels aus dem Deutschenspiegel. Innsbruck: Verlag der Wagnerschen Buchhandlung, 1859, Seite 65. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ficker_Entstehung_Sachsenspiegel_069.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)