Seite:Ficker Entstehung Sachsenspiegel 089.jpg

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müsse. Dieser Schluss dürfte aber doch nur gerechtfertigt erscheinen, wenn sich wahrscheinlich machen liesse, dass Eike, wenn er die Bestimmung kannte, sie nicht wohl unerwähnt lassen konnte. Das scheint mir hier aber am wenigsten statthaft. Einmal liesse sich sagen, Eike zeichnete sächsisches Gewohnheitsrecht auf, nicht kanonisches; triftiger ist wohl der Grund, dass der Artikel sich ja gar nicht damit beschäftigt, in welcher Sippe die Heirath erlaubt sei, also nicht die geringste Nothwendigkeit vorlag, die Bestimmung zu erwähnen; wäre nicht zufällig der Zusatz gemacht, so würde schwerlich daran gedacht sein, aus diesem Artikel auf Entstehung vor 1215 zu schliessen.

Argumente, welche für einen noch früheren, selbst in das zwölfte Jahrhundert hinaufreichenden Terminus ad quem geltend gemacht wurden, dürften kaum mehr einer besonderen Erörterung bedürfen und sich durch das, was über den Terminus a quo und über das Reichsstaatsrecht folgt, hinreichend erledigen, womit ich keineswegs bestreiten will, dass vieles vom Inhalte des Ssp. auf eine frühere Zeit deutet, wie ich selbst an einem Beispiele zeigte; nur für die Zeit der Abfassung des uns vorliegenden Werkes wird es nichts beweisen können.


XII.

Was den Terminus a quo betrifft, so bemerkte ich früher, Dsp. 162 (278), dass es an bestimmten Anhaltspunkten für eine genauere Feststellung sehr fehle, wenn sich auch insbesondere aus dem Reichsstaatsrechte leicht ergebe, dass die Entstehung nicht gar zu lange vor den Terminus ad quem fallen könne. Dass sie nach 1198 falle, um davon auszugehen, dürfte nicht zu bezweifeln sein, da von einem Könige von Böhmen die Rede ist und doch schwerlich auf die Zeit des für seine Person zum König erhobenen Wladislaw II., 1158—1173, zurückgegriffen werden dürfte; da weiter das, was der Ssp. über die Wahlfürsten und die Erzämter sagt, mit dem, was wir anderweitig über die Zustände um 1198 wissen, noch kaum vereinbar wäre. Den Umstand, dass die bis 1212 dem Herzoge von Sachsen unterstehende Grafschaft Aschersleben als eigenes Fahnlehen aufgeführt

ist, möchte ich für eine Entstehung nach 1212 kaum mit einiger

Empfohlene Zitierweise:
Julius von Ficker: Über die Entstehungszeit des Sachsenspiegels und die Ableitung des Schwabenspiegels aus dem Deutschenspiegel. Innsbruck: Verlag der Wagnerschen Buchhandlung, 1859, Seite 85. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ficker_Entstehung_Sachsenspiegel_089.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)