Seite:Ficker Entstehung Sachsenspiegel 108.jpg

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Wir finden also, dass 1198 für einzelne Fürsten eine besonders entscheidende Stimme bei der Wahl beansprucht wurde, und zwar, wie das Hervortreten von Mainz und Pfalz schliessen lässt, für diejenigen, welche nach dem Herkommen zuerst stimmten. Es scheint weiter ein solcher Vorzug damals zuerst und zwar nur von der Partei Otto's geltend gemacht zu sein; bei der Gegenpartei finden wir keine bezügliche Andeutung und wenn wir in den beiden von einer grössern Anzahl namentlich aufgeführter Anhänger Philipps an den Papst gerichteten Schreiben Trier erst nach Magdeburg, Sachsen nach Zähringen, Brandenburg nach fast allen Fürsten genannt finden, so spricht das wenigstens nicht für eine besondere Beachtung der uns später als erste Wähler bekannten Fürsten. Und nirgends erhellt, für wie viele der Vorzug in Anspruch genommen wurde; die unbestimmte Fassung der Deliberatio: cum tot vel plures ex his, ad quos principaliter spectat imperatoris electio in eum consensisse videantur, quot in alterum consenserunt, scheint sogar anzudeuten, dass eine bestimmt abgegränzte Zahl erster Wähler noch nicht feststand; doch dürfte die Möglichkeit einer schon bestehenden Abgränzung dadurch nicht ausgeschlossen sein, da die Ungewissheit durch das bestrittene Recht, die schwankende Stellung oder die Abwesenheit einzelner erster Wähler bedingt sein konnte.

Ergibt sich aus den Nachrichten über die Wahlen aus der ersten Hälfte des dreizehnten Jahrhunderts einerseits mit grösster Bestimmtheit, dass alle anwesenden Reichsfürsten noch Wähler waren, so fehlt es doch auch nicht ganz an Andeutungen, dass die Stimmen der ersten Wähler besonders beachtet wurden. Am gewichtigsten für diese Zeit sind wohl die Nachrichten über die Wahl Konrads 1237. Als Wähler nennt das Wahldekret Mainz, Trier, Salzburg, Bamberg, Regensburg, Freising, Passau, den Rheinpfalzgrafen zugleich Herzog von Baiern, den König von Böhmen, den Landgrafen von Thüringen und den Herzog von Kärnthen. Dass es sich bei diesen um eigentliche Wahlstimmen handelte, nicht theilweise um eine blosse Zustimmung, wie sie dem Umstande durchweg zustehen mochte, ergibt sich am deutlichsten

daraus, dass nur die anwesenden Reichsfürsten, diese

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Julius von Ficker: Über die Entstehungszeit des Sachsenspiegels und die Ableitung des Schwabenspiegels aus dem Deutschenspiegel. Innsbruck: Verlag der Wagnerschen Buchhandlung, 1859, Seite 104. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ficker_Entstehung_Sachsenspiegel_108.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)