Seite:Ficker Entstehung Sachsenspiegel 115.jpg

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Ansicht ausgegangen wurde, die Stimmen der sieben bei der Doppelwahl hervortretenden Fürsten hätten allein die eigentliche Entscheidung zu geben.

Wir haben nämlich über dieselben zunächst einen ganz verständigen Bericht des Thomas Wikes (Böhmer f. 3, 451.); er nennt sieben Fürsten, ad quos potestas eligendi regem specialiter pertinere dignoscitur, und zählt sie auf, wobei es kaum sehr auffallen kann, dass er nicht Böhmen, aber Oesterreich nennt, da ja der König von Böhmen damals auch Herzog von Oesterreich war; mit diesen sieben wird verhandelt, aber abgeschlossen nur mit Mainz, Köln, Pfalzbaiern, nicht mit den übrigen, welche sich nicht mit einer geringern Summe, als Köln erhielt, befriedigen lassen wollten. Wikes ist wohl Zeitgenosse, da er aber bis 1293 schreibt, so wäre es wenigstens möglich, dass er spätere Anschauungen eingetragen habe. Aber sein Bericht geht auffallend mit den Urkunden zusammen. Wir haben solche über die Verhandlungen mit Pfalzbaiern (Quellen u. Erört. 5, 158. 159.) und Köln (Lacomblet 2, 232); in den letztern heisst es ausdrücklich, dass dreitausend Mark, welche vorläufig gezahlt oder durch Bürgschaft sicher gestellt waren, für Richard verloren sein sollten: si ipse R. infra octavam epiphanie regni susceptionem renuerit, vel si ipse horum trium videlicet Maguntinensis, Coloniensis et comitis Palatini Reni non fuerit electione contentus. Also war schon zu erwarten, dass nur diese drei Stimmen sicher zu haben waren; wie konnten diese aber einen Werth, und zwar so hoch bezahlten haben, wenn alle zur Wahl kommenden Fürsten, wie H. v. D. meint, noch mit gleichem Gewichte hätten wählen können; das hätte ja eine Ueberzahl sein können, welcher gegenüber drei Stimmen nicht in Betracht gekommen wären; handelte es sich aber nur um sieben Stimmen überhaupt, so gaben drei wenigstens die Gewähr, dass kein anderer mit vollem Rechte, und die wahrscheinliche Aussicht, dass kein anderer mit besserem Rechte gewählt werden würde, da die übrigen Stimmen sich noch nicht geeinigt hatten. Jedenfalls dürfte bei der genauen Uebereinstimmung der Urkunden mit dem Schriftsteller ein irgend gegründeter Zweifel gegen dessen Nachricht,

dass nur mit den sieben Wahlfürsten verhandelt worden

Empfohlene Zitierweise:
Julius von Ficker: Über die Entstehungszeit des Sachsenspiegels und die Ableitung des Schwabenspiegels aus dem Deutschenspiegel. Innsbruck: Verlag der Wagnerschen Buchhandlung, 1859, Seite 111. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ficker_Entstehung_Sachsenspiegel_115.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)