Seite:Ficker Entstehung Sachsenspiegel 118.jpg

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erwiese, dass zu dieser Zeit unmöglich gerade sieben Wähler bevorzugt gewesen sein könnten.

2. Selbst zugegeben, eine solche Fragestellung sei überhaupt zulässig, so würde sie wenigstens im gegebenen Falle ihr Ziel ganz verfehlen. Habe ich selbst S. 163, wo ich die Sache ganz beiläufig erwähnte, mit leicht erklärlicher Ungenauigkeit von „sieben Reichsfürsten, welche bei der Königswahl zuerst die Stimme abgeben“, gesprochen, so dürfte doch bei „bestimmt formulirten Fragen“ so viel Genauigkeit zu erwarten sein, dass durch Beantwortung der Frage wirklich die Sache getroffen wird. Wo aber redet denn der Ssp, von der Siebenzahl bevorzugter Wähler, um welche die ganze Frage sich dreht? Meines Wissens nirgends; es macht sich vielmehr auffallenderweise in allen sächsischen Rechtsbüchern die Sechszahl bevorzugter Wähler aufs bestimmteste geltend. Der Auctor Vetus 1 § 12, und entsprechend das Görlitzer Lehnrecht 4, kennt sex principes, qui primi sunt in eius electione, ohne sie zu nennen. Das sächsische Lehnrecht 4 § 2 spricht von ses vorsten, die de ersten in des rikes kore sin, und nennt Mainz, Trier, Köln, Pfalz, Sachsen, Brandenburg; fügen einige Hss. und der Dsp. Böhmen hinzu, so ergibt sich das, auch abgesehen vom Ansehen der Hss., schon durch die Beibehaltung des Ausdruckes sechs als Interpolation. Ganz dieselbe Auffassung findet sich noch im sächsischen Weichbildrechte, wo 14 § 1, 16 § 4. 5 der ältern, 13 § 1, 14 § 2 der glossirten Form als Mitglieder des Pfalzgerichtes Sachsen, Brandenburg und Pfalz genannt werden mit dem Zusatze: Dit sint die drie leien vorsten die die ersten an des rikes kore sint svenne man enen koning küset von düdischen landen; schliesst die Wortfassung einen vierten Laienwahlfürsten nicht gerade unbedingt aus, so ging man bei dieser Konstruirung des Pfalzgerichtes wohl um so sicherer von der Anschauung aus, es gebe nur drei bevorzugte Laienwähler, als bei dem durchgreifenden Vorherrschen der Vierzahl ein vierter sehr erwünscht gewesen wäre, da man seine Stelle kaum sehr passend durch den Burggrafen füllen musste.

Ergibt nun etwa das Sächs. Ldr. 3, 57 § 2, welches zunächst

in Frage steht, anderes? Gewiss nicht; es nennt zwar keine

Empfohlene Zitierweise:
Julius von Ficker: Über die Entstehungszeit des Sachsenspiegels und die Ableitung des Schwabenspiegels aus dem Deutschenspiegel. Innsbruck: Verlag der Wagnerschen Buchhandlung, 1859, Seite 114. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ficker_Entstehung_Sachsenspiegel_118.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)