Seite:Ficker Entstehung Sachsenspiegel 123.jpg

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einfach voraus, dass sechs Fürsten zuerst zu stimmen haben; und das Bestehen einer Rangordnung beim Stimmen haben wir für keine Zeit zu bezweifeln. Das Abschliessen einer bestimmten Anzahl erster Wähler muss natürlich einen Grund haben; als Grund wird bei ihm aber irgend ein besonderer Einfluss auf die Wahl wenigstens nicht hervorgehoben; der Abschluss ergibt sich daraus, dass eine bestimmte Anzahl von Wählern beim Römerzuge erforderlich war, um dem Papste die Rechtmässigkeit der Wahl zu bezeugen; dazu mussten freilich die vornehmsten Wähler zunächst berufen sein. Eine solche Anschauung steht nicht ganz isolirt; es waren für manche staatsrechtliche Handlungen Zeugen bestimmten Ranges und Standes und wohl auch bestimmter Zahl nöthig; es konnte z. B. ein deutsches Fürstenthum auch in Italien vom Könige geliehen werden, aber nur unter dem Zeugnisse deutscher Fürsten; beim gegebenen Falle möchte ich zunächst auf eine mehrfach verwandte Anschauung hinweisen, welche sich in einer Stelle des Anselm von Mailand findet; als bei der Kaiserkrönung 1027 Streit unter den Erzbischöfen von Ravenna und Mailand entstand, wer den König dem Papste zur Krönung vorführen solle, entschied Konrad: Certum est quidem, reverendi patres, quia sicut privilegium est apostolicae sedis consecratio imperialis, ita Ambrosianae sedis privilegium est electio et consecratio regalis. Unde ratum videtur, ut manus quae benedicit et prius coronam imponit regni, si praesens affuerit, repraesentet regem ad Imperium promovendum sancto Petro et eius vicario; quatenus Ambrosiano testimonio iure possit imperare, qui Ambrosiana consecratione didicit et coepit regnare. (Mon. Germ. 10, 12.) Ist kein Grund, jenes Herkommen zu bezweifeln, so ist damit freilich nicht gesagt, dass nun hier auch die eigentliche Veranlassung einer bestimmten Ausscheidung erster Wähler und damit ihrer spätern Vorrechte gegeben sei; es konnte sich eben so wohl eine schon nach andern Gesichtspunkten, wobei immer der Unterschied der Stämme am nächsten liegen dürfte, erfolgte Abschliessung nun auch in dieser Richtung geltend gemacht haben. Ist aber die Angabe überhaupt gegründet, so würde sich aus ihr um so leichter erklären, dass man

1198 und später gerade zu Rom, wie die päpstlichen Briefe

Empfohlene Zitierweise:
Julius von Ficker: Über die Entstehungszeit des Sachsenspiegels und die Ableitung des Schwabenspiegels aus dem Deutschenspiegel. Innsbruck: Verlag der Wagnerschen Buchhandlung, 1859, Seite 119. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ficker_Entstehung_Sachsenspiegel_123.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)