Seite:Ficker Entstehung Sachsenspiegel 128.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Stelle eines Kämmerers als wirkliches Reichsamt bekleidet habe; da eine dafür mehrfach angeführte Stelle aus päpstlichen Schreiben von 1177 in dieser Beziehung als beseitigt gelten darf, auch die bekannte Stelle des Arnold von Lübeck über den Hoftag von 1183 jeder bestimmteren Beziehung auf Brandenburg ermangelt, so hätte eine nähere Begründung jener Behauptung unsere Kenntniss des Gegenstandes nur fördern können.

Dagegen glaubt nun H. v. D. S. 49 die Zulässigkeit der Annahme, Eike habe vor Rudolf von Habsburg oder allenfalls vor 1257 Verfasser von Ssp. 3, 57 § 2 sein können, von Beantwortung der weitern bestimmt formulirten Frage abhängig machen zu können: „Welcher Böhmenkönig hat bis dahin erweislich das Schenkenamt geübt, von diesem Erzamte den Titel geführt, oder als deutscher Mann sich in der Lage befunden, dass bei ihm überhaupt an ein Kurrecht gedacht werden konnte, wenn es Grundsatz war, dass man ein deutscher Mann sein musste, um mit zu wählen?“

Hier ist zunächst die Formulirung der ganzen Frage eben so ungeeignet, wie die der früher erörterten (S. 113); es wäre Sache des H. v. D., zu erweisen, dass ein solcher Zustand um 1230 nicht habe bestehen können, etwa weil ein anderer Schenk war, nicht aber Aufgabe seiner Gegner, nicht blos das mögliche, sondern das wirkliche Bestehen desselben um 1230 zu beweisen.

Was dann die Formulirung der zweiten Hälfte der Frage betrifft, so ist diese noch insbesondere unpassend, weil sie, wie jene nach der Siebenzahl, das erstrebte Ziel gar nicht trifft. Der Ssp. erkennt ja überhaupt kein Wahlrecht des Böhmenkönigs an, auch kein bedingtes, spricht überhaupt gar nicht von der Möglichkeit, dass er ein Deutscher sein könne. Gegenüber der jetzt insbesondere von Phillips vertretenen Ansicht, dass der Ssp. dabei überhaupt nicht an die nichtdeutsche Abstammung der Person des Königs, sondern daran gedacht habe, dass er Fürst eines nichtdeutschen Landes sei, würde die Beziehung auf die Abstammung wohl kaum sich so allgemein geltend gemacht haben, hätte nicht der Swsp. bei seiner Verarbeitung der Stelle sie in dieser Weise aufgefasst. Und diese Anschauung findet

sich schon im Dsp. Im Ldr. folgt dieser, obwohl zur Zeit seiner

Empfohlene Zitierweise:
Julius von Ficker: Über die Entstehungszeit des Sachsenspiegels und die Ableitung des Schwabenspiegels aus dem Deutschenspiegel. Innsbruck: Verlag der Wagnerschen Buchhandlung, 1859, Seite 124. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ficker_Entstehung_Sachsenspiegel_128.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)