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Landesherkommen zu sehen, welches sich den Verhältnissen in Flandern und Burgund anschliesst. 190. Bei den Magnaten Italiens geht der Titel auf alle Familienglieder, dagegen bei den spätern Fürstenthümern nur auf den ältesten Sohn. 191. Bei den slavischen Grossen wird vielfach getheilt; in Böhmen und Mähren aber bleibt Einheit des Fürstenthums und Titels. 192. Für die übrigen Fürstenthümer ergab sich bis zur Mitte des dreizehnten Jahrh. auffallenderweise nur achtmal der Fall, dass jüngere Söhne zu bedenken waren, und von einem abgesehen führte keiner dieser Fälle zur Gründung von Nebenlinien, welche die Mitte des Jahrhunderts überdauert hätten; daher in dieser Zeit häufige Vereinigung von Fürstenthümern, Aufhören von Fürstentiteln. Aussterben von Fürstenhäusern; 193. nur in Brandenburg kam es schon zu Gesammtbesitz und einer Mehrheit von Fürsten. 194. Nach der Mitte des Jahrhunderts häufen sich die Fälle, dass mehrere Söhne zu bedenken waren; nur in Kärnthen führte das nicht zu einer Mehrheit von Fürsten; 195. in der Mehrzahl der Fürstenthümer aber sogar zur Theilung, 196. während wir bei den neuerhobenen Fürstenhäusern in Oesterreich und Kärnthen eine Mehrheit von Fürsten in ungetheiltem Besitze finden. 197. Alle Theilfürsten und Gesammtfürsten wurden als Reichsfürsten betrachtet 198. Danach sank die Zahl der älteren Reichsfürsten bis zur Mitte, stieg bis zum Ende des Jahrhunderts und nahm von da an ab, zum Theil desshalb, weil man die appanagirten Fürsten nicht mehr als gleichberechtigte Reichsfürsten betrachtete. 199. Die Zahl der weltlichen Fürstenstimmen wurde später festgestellt nach der Stimmabgabe im J. 1582, und mehrte sich, während die Ansprüche der alten Fürsten auf Vermehrung ihrer Stimmen keinen Erfolg hatten, nur noch durch das Fortführen der Stimmen geistlicher Fürstenthümer und die Errichtung neufürstlicher Stimmen.

XV.

200. Zur Bestimmung der einzelnen geistlichen Fürsten und Prälaten reichen die äussern Kennzeichen nicht aus. Die Bischöfe werden wohl durchweg als Reichsfürsten bezeichnet; doch ergibt sich aus einzelnen Stellen bestimmt, dass nicht alle Reichsfürsten waren. 201. Wird die Investitur durch das Reich in einzelnen Fällen als Erforderniss des Fürstenstandes betont, so kann diese als vorläufiger Haltpunkt neben anderen Kennzeichen dienen. 202. Die deutschen Bischöfe sind grossentheils Reichsfürsten; 203. insbesondere auch die Suffragane von Bremen, abgesehen von ihrer zeitweisen Investitur durch den Herzog von Sachsen, 204. und die Suffragane von Magdeburg. 205. Kamin ist, wie Bamberg, ein dem römischen Stuhle gehöriges Bisthum, der Bischof wird erst später als Reichsfürst betrachtet; 206. der ursprünglich polnische Bischof von Lebus gelangte auch später nicht zu dauernder Anerkennung seines Fürstenstandes. 207. Die liefländischen Bischöfe, so weit sie mit dem Reiche in Verbindung stehen, sind Fürsten; nicht die preussischen und der von Schleswig. 208. Die Bischöfe von Prag und Olmütz sind ursprünglich Reichsfürsten; später, wie die von Leutomischl und Breslau, böhmische Fürsten. 209. Die jüngern Salzburger Suffragane werden vom Erzbischofe investirt und sind nicht Reichsfürsten.

210. Von den burgundischen Bischöfen sind die von Bisanz und Basel Reichsfürsten, ebenso die von Lausanne und Genf, welche nur zeitweise nicht vom Reiche investirt wurden; auch der von Belley ist Reichsbischof. 211. Die savoischen Bischöfe stehen unter Hoheit des Grafen; der von Sitten ist später Reichsfürst 212. Der Erzbischof von Lyon ist Fürst, 213. ebenso der von Vienne; auch seine Suffragane sind reichsunmittelbar, und es scheint nur Zufall zu sein, wenn einigen der Fürstentitel ertheilt wird, andern nicht 214. Der Erzbischof von Embrun und die Bischöfe der Grafschaft Forcalquier, 215. der von Arles und die Bischöfe von S. Paul, Orange, Avignon und Marseille sind reichsunmittelbar und beziehungsweise Fürsten; nicht die der Grafschaft Venaissin; der von Toulon, 216. der Erzbischof von Aix und die übrigen Bischöfe südlich der Durance sind Vasallen des Grafen von Provence.

Empfohlene Zitierweise:
Julius von Ficker: Vom Reichsfürstenstande. Innsbruck: Verlag der Wagnerschen Buchhandlung, 1861, Seite 24. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ficker_Vom_Reichsf%C3%BCrstenstande_024.jpg&oldid=- (Version vom 19.1.2017)