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vielmehr eine Reihe ganz gleichbedeutender Ausdrücke. Die grösste Mannichfaltigkeit zeigt uns Flandern. So finden wir in gräflichen Urkunden 1087: optimatum precatu; 1100: testimonio episcoporum et optimatum meorum[1]; 1120: nomina clericorum quam et primatum terrae nostrae[2]; 1093: Brugis in plena curia presentibus proceribus terrae[3]; 1063: in praesentia magnatum nostrorum[4]; 1163: consilio baronum meorum; 1038: coram baronibus meis; 1160: curiae Flandrensis barones; 1046: barones nostri.[5] Ebenso spricht der Graf von Hennegau von seinen barones.[6] In Niederlothringen oder Brabant finden wir ähnliche Bezeichnungen; 1094 urkundet der Herzog in praesentia optimatum meorum; 1125: in curia mea Lovaniae coram hominibus et baronibus meis, wozu der Graf von Arschot gehört, die übrigen niederen Ranges; 1142: assensu meorum baronum, nobilium, liberorum et ceterorum meorum meliorum hominum.[7] Der Herzog von Oberlothringen urkundet 1168 und sonst coram baronibus nostris[8] Eine Vergleichung dieser und der oben angeführten Stellen ergibt unzweifelhaft, dass die verschiedenen Ausdrücke ganz gleichbedeutend gebraucht sind, dass nicht etwa Principes oder Optimates einen höhern Rang einnehmen, als die Barones oder Magnates; wäre es nöthig, so würde eine Zusammenstellung der Zeugen aus den betreffenden Urkunden den Beweis noch schärfer herstellen. Es handelt sich offenbar gar nicht um Bezeichnungen, welche staatsrechtlich genau abgegränzt gewesen wären; gerade der häufige Wechsel zeigt, dass man die Worte nach Willkür wählte, wenn es galt die dem Herzoge oder Grafen zunächststehenden zu bezeichnen.

17 Wie im Westen, so wurde auch in den übrigen Reichstheilen der Ausdruck Barones am häufigsten gebraucht, wenn ein geistlicher oder weltlicher Fürst die ihm zunächststehenden Grossen nicht einzeln als comites, liberi u. s. w. unterscheiden oder mit dem allgemeinsten Ausdrucke als seine fideles bezeichnen wollte. So früh, wie dort, wo der häufige Gebrauch des Wortes in Frankreich und England eingewirkt haben wird, finden wir es in den andern deutschen Reichsländern nicht. Sehr vereinzelt ist eine Stelle, in welcher 1071 der Bischof von Passau sagt, dass er Zehnten des Stifts S. Florian de potestate baronum terre zurückerlangt habe, und die Echtheit einer Urkunde von 1075, in welcher derselbe erklärt, der Markgraf von Oesterreich habe de maturo consilio suorum nobilium baronum dem Kloster S. Nikolaus Zollfreiheit gewährt, unterliegt gerade in der Ausfertigung, in welcher sich dieser Ausdruck findet, erheblichen Bedenken.[9] Häufig begegnen

wir ihm erst seit der Mitte des zwölften Jahrhunderts; so finden wir

  1. Miraeus 1, 60. 2, 1147.
  2. l. c. 1, 521.
  3. l. c. 2, 1141.
  4. l. c. 1, 152.
  5. l. c. 1, 393. 659. 704. 4, 179.
  6. 1101-1176: l. c. 4, 188. 3, 349. Hugo 2, 684. 685.
  7. Miraeus 1, 77. 1. 375. 2, 1164.
  8. Calmet 2, 363.
  9. UB. d. L. ob d. Enns. 2, 97. 114.
Empfohlene Zitierweise:
Julius von Ficker: Vom Reichsfürstenstande. Innsbruck: Verlag der Wagnerschen Buchhandlung, 1861, Seite 64. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ficker_Vom_Reichsf%C3%BCrstenstande_064.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)