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zurückkommen, was uns über die Erhebung zu böhmischen Fürsten bekannt ist.

20 Ganz vereinzelt finden sich endlich österreichische Fürsten erwähnt in einzelnen Urkunden Herzog Rudolfs IV. Im J. 1365 nennt er die Bischöfe von Freising, Brixen und Gurk unsere lieben Fürsten[1]; ebenso ist in der Stiftungsurkunde der Universität Wien mehrfach die Rede von nostris principibus ecclesiasticis vel secularibus, marchionibus, comitibus, baronibus, proceribus, ministerialibus, militibus vel ceteris nobilibus.[2] Auch findet sich die Nachricht, für welche mir freilich eine urkundliche Bestätigung nicht bekannt geworden ist, dass er den Probst von S. Stefan zum Fürsten erhoben habe.[3] Wir werden noch mehrfach auf Titel und Ausdrücke in Urkunden Rudolfs hinzuweisen haben, welche sich mit den anderweitig festgestellten staatsrechtlichen Verhältnissen nicht vereinigen lassen; sie gehören in die Reihe seiner Versuche, dem durch das Aufkommen der Kurfürsten in die zweite Reihe der Fürsten zurückgedrängten Oesterreich eine dem Machtverhältnisse entsprechende Vorzugsstellung im Reiche zu gewinnen. Hatte er dabei, wie nicht zu bezweifeln sein dürfte, vielfach die bevorzugte Stellung Böhmens als Vorbild im Auge, so wird das insbesondere auch hier der Fall gewesen sein, da nur in Böhmen ein entsprechendes Verhältniss bestand.


III.

21 Haben wir bisher untersucht, in wie weit man das Wort Principes in Beziehung auf die dem Reiche untergeordneten Kreise gebrauchte, so können wir uns nun, gegen Missgriffe in dieser Richtung gesichert, unserer Hauptaufgabe näher rückend, zur Anwendung des Wortes in Beziehung auf das Reich, zu den Principes regni oder imperii wenden.

Der Gebrauch, die verschiedenen Klassen der Grossen als Fürsten des Reichs zusammenzufassen, ist in der ältesten Zeit des Reichs der Reichskanzlei keineswegs sehr geläufig. Häufig werden die Klassen geistlicher und weltlicher Grossen einzeln aufgezählt z. B. consilio episcoporum, ducum, comitum. Wo das unnöthig schien, sah man sich gewöhnlich auch nicht veranlasst, die Grossen vor andern Unterthanen des Königs besonders hervorzuheben. In dem ältern Kanzleistile ist eine stärkere Betonung der königlichen Gewalt spätern Jahrhunderten gegenüber kaum zu verkennen, insofern dem Könige gegenüber alle andern zunächst nur als seine getreuen Untergebenen erscheinen; der König handelt einfach consilio oder interventu fidelium nostrorum; der mächtigste Erzbischof oder Herzog wird so gut, wie jeder andere im Staate, schlechtweg als Fidelis bezeichnet; nur mit der Kirche theilt sich der König in seine Treue nach der häufig gebrauchten

  1. Lünig 17, 792.
  2. Schrötter 4, 262.
  3. Gebhardi 1, 293.
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Julius von Ficker: Vom Reichsfürstenstande. Innsbruck: Verlag der Wagnerschen Buchhandlung, 1861, Seite 70. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ficker_Vom_Reichsf%C3%BCrstenstande_070.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)