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die Ausdrücke 881: multorum principum consilio und coram domino papa Johanne et multis principibus; dann 887: presentibus plurimis principibus nostris.[1] Im J. 900 begegnen wir in einer vom Könige ausgestellten und besiegelten Urkunde für Fulda zwar den sehr bestimmten Ausdrücken: secundum consilium principum – Acta est autem haec traditio – praesente rege et cunctis regni principibus, ipsoque rege praecipiente facta est huius conscriptionis cartula – scientibus et annuentibus atque faventibus cunctis qui aderant principibus[2]; aber die ganz ungewöhnliche Form zeigt unzweifelhaft, dass sie nicht in der Reichskanzlei abgefasst wurde.

Konnte nun auch eine Durchsicht aller erhaltenen Kaiserurkunden, welche gerade in dieser Zeit für meine sonstigen Zwecke nur wenig bieten, nicht in meiner Absicht liegen, so ist doch die Zahl der eingesehenen gross genug, um dadurch die Behauptung zu rechtfertigen, dass im neunten Jahrhunderte der Ausdruck Principes regni den stehenden Formen der Reichskanzlei fast ganz fremd war und das Vorkommen desselben wenigstens in den frühern Jahrzehnten demnach einen Verdacht gegen die Echtheit der Urkunde begründen dürfte. Auch die vereinzelte Formel in Urkunde für Gandersheim von 877: Et nullus princeps vel alius quilibet exactor iudiciarius[3], ist sehr auffallend.

23 Seit dem Beginne des zehnten Jahrhunderts ist der Ausdruck etwas häufiger nachzuweisen und es dürfte für spätere Erörterungen nicht überflüssig sein, die Art des Vorkommens genauer anzugeben.

Einige der betreffenden Urkunden werden auch hier als unecht auszuscheiden sein. So 940 für Fulda: ne ullus principum, ducum videlicet, marchionum, comitum vel aliorum regni nobilium; 948 für Gemblours: palatinorum principum et multorum nobilium iudicio; 965 für S. Gislen: noverint duces et marchiones, comites etiam nostri et principes et totius regni nostri procerum multitudo.[4] Auch 922 für Ottobeuern: communi principum regni consilio[5], dürfte nicht unverdächtig sein. Heisst es 940 für Magdeburg: consilio principum imperii[6], so ist schon der Ausdruck an und für sich für jene Zeit unstatthaft.

Die mehrfach angezogene Stelle des Edikts von 967, erlassen zu Verona cum summis principibus, id est episcopis abbatibus iudicibus seu cum omni populo, gehört der Ueberschrift an, welche sich nur in einer Handschrift findet, während im Texte selbst der Ausdruck proceres Italiae gebraucht wird.[7] Auch auf die Worte der Constitutio de servis von 969: nostri imperii principes; einer Urkunde für Ravenna von 971: coram ipsius imperatoris praesentia, residentibus ibi plurimis Italiae principibus, videlicet P. principe et marchione et H. Furbensi episcopo

atque P. comite et caeteris quam plurimis episcopis, comitibus, sacerdotibus

  1. Dümge 74. Schöpflin A. D. 1, 94.
  2. Dronke c. d. 296.
  3. Or. Guelf. 4, 371.
  4. Dronke c. d. 317. Miraeus 1, 42. 505.
  5. M. B. 31, 212.
  6. Lünig 14b, 651.
  7. M. G. 4, 32.
Empfohlene Zitierweise:
Julius von Ficker: Vom Reichsfürstenstande. Innsbruck: Verlag der Wagnerschen Buchhandlung, 1861, Seite 72. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ficker_Vom_Reichsf%C3%BCrstenstande_072.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)