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von Riga und Dorpat bemerkten. Die Verleihungen des Reichsfürstentitels an den Bischof von Wien im J. 1631, an den Bischof von Laibach und den Erzbischof von Görz[1] gehören, auch abgesehen davon, dass es sich um neugestiftete Bisthümer handelte, einer zu späten Zeit an, um daraus auf die frühern Verhältnisse zurückschliessen zu dürfen.

Jedenfalls ist unter den angeführten Zeugnissen keines, welches der Annahme widerspräche, es hätten im allgemeinen die Reichsbischöfe auch in späterer Zeit als Reichsfürsten gegolten, ohne dass es dazu einer ausdrücklichen Verleihung oder Anerkennung, wie sie besondere Verhältnisse in Einzelfällen herbeiführen mochten, bedurft hätte; wir haben daher auch zunächst keinen Grund zu der Annahme, die Beziehung der Bischöfe zum ältern und zum neuern Reichsfürstenstande sei eine verschiedene gewesen.

Wenden wir uns zu den Aebten und Aebtissinnen, so gelangen 65 wir zu ähnlichen Resultaten. In der Zeit des ältern Reichsfürstenstandes geschah es nicht selten, dass eine Reichsabtei mittelbar wurde, später aber die Reichsunmittelbarkeit wieder erhielt. Fiel nun, wie zu vermuthen, die Reichsunmittelbarkeit mit dem Fürstenstande zusammen und wurde auf den letztern grösserer Werth gelegt, so lag es gewiss nahe, in den betreffenden Privilegien auf den nun wieder erlangten Fürstenstand hinzuweisen; aber nirgends habe ich darüber die geringste Andeutung gefunden. Als dagegen später 1215 K. Friedrich die fürstlichen Abteien Ober- und Niedermünster an Regensburg vertauschte und den Tausch 1216 rückgängig machen musste, wurde besonderes Gewicht darauf gelegt, dass es sich hier um Reichsfürstenthümer handle, welche nur mit Einwilligung des betroffenen Fürsten vom Reiche veräussert werden könnten.[2]

Kam eine solche Restituirung der Fürstenwürde eines Abtes in der Zeit des neuern Reichsfürstenstandes kaum noch vereinzelt vor, so ist dieser auch eine eigentliche Erhebung eines Abtes zum Fürsten, einer Abtei zum Fürstenthume unbekannt. Allerdings pflegt man dafür schon ein Zeugniss aus dem Ende des zwölften Jahrhunderts anzuführen, nämlich die Urkunde K. Heinrichs VI. für die Abtei Pfäfers vom J. 1196, in welcher es heisst: Unde praesentium tenore publice profitemur, qualiter nos honorificentius monasterium Fabariense cum abbate et monachis suis collegio principum aggregare et in summo dignitatum apice constituere, prout a pluribus regibus et imperatoribus, inprimis beatae memoriae parente nostro, antecessoribus praestantissimis factum est, promovere et honorare volumus.[3] Diese Urkunde wäre die erste, welche sich überhaupt über eine Erhebung in den Fürstenstand erhalten hätte und würde uns bei spätern Versuchen,

  1. Gebhardi 1, 178. 293.
  2. M. B. 30, 37. 46. Vgl. § 32. n. 13.
  3. Eichhorn 69.
Empfohlene Zitierweise:
Julius von Ficker: Vom Reichsfürstenstande. Innsbruck: Verlag der Wagnerschen Buchhandlung, 1861, Seite 99. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ficker_Vom_Reichsf%C3%BCrstenstande_127.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)