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vorfand, zeigt aber eine Abweichung darin, dass es Zwischenstufen kennt; um so grösseres Gewicht müssen wir darauf legen, wenn sich eine solche zwischen Fürsten und freien Herren nicht zeigt. Wenn das schwäbische Lehnrecht dieselben Sätze für den Fürsten, den Nichtfürsten, der mit Fahnen, und den, der nicht mit Fahnen belehnt ist, aufstellt[1], so würden wir Folgerungen daraus erst ziehen dürfen, wenn wir die Bedeutung des Fahnlehens bereits erörtert hätten.

Eine ganz unzweideutige Bestätigung der gewonnenen Resultate, wie wir sie in den Rechtsbüchern vergebens suchen, bieten nun aber die Gesetze K. Heinrichs vom J. 1234, in welchen es heisst: Quod si princeps facere neglexerit et de hoc convictus fuerit, ut exigit iuris ordo, domino regi centum libras auri in pondere Karoli persolvet. Comes vero vel alius nobilis iudicium habens, si non iudicaverit secundum provinciarum consuetudinem, domino regi, sicut predictum est, centum marcas argenti componat. Item si quis alium leserit vel guerram ei moverit absque precedente querimonia, si princeps extiterit, centum marcas auri regie camere presentabit; si vero comes vel nobilis vel alia persona extiterit, centum marcas argenti componat[2]. Wir finden hier einerseits den Grafen sehr bestimmt vom Fürsten geschieden, andererseits aber dem Edeln gleichgestellt; nicht die Zahl der Stände hat sich dem zwölften Jahrhunderte gegenüber vermehrt, wohl aber der Fürstenstand anders abgegränzt.

103 Auch die für Italien erlassenen Strafbestimmungen deuten auf Aenderungen. Sagt 1194 der Legat des Kaisers bezüglich der Verletzung eines vor ihm beschworenen Friedens: Civitas vel locus solvat nobis – libras centum imperiales pro poena –; idem statuo de marchione Montisferrati et eius terra atque hominibus[3], so ist anscheinend der Marchio jetzt zum Range der Civitas emporgestiegen, während er doch 1158 nur die Hälfte zahlte[4]; da aber auch der Locus auf derselben Stufe steht, Abstufungen überhaupt nicht erwähnt sind, so ist die Stelle für unsere Zwecke ohne Bedeutung. Wo eine solche Abstufung eintritt, ergibt sich vielmehr eine entgegengesetzte Abweichung vom früheren Verhältnisse. Im J. 1220 gebietet K. Friedrich: communitatum cuilibet sub pena mille marcharum, marchionibus, comitibus, baronibus sub pena ducentarum marcharum, militibus centum et aliis inferioribus quinquaginta[5]. Hier muss beim Vergleiche mit jenen zu Ronkalia 1158 erlassenen Bestimmungen auffallen, dass Markgrafen und Grafen einen fünffach geringeren Satz haben, als die Stadtgemeinde, entsprechend dem Satze der Capitanei und Majores Valvasores im J. 1158, während damals Herzoge, Markgrafen und Grafen auf den halben Satz der Stadt gestellt waren. Dieses

  1. Sw. Lhr. 126.
  2. M. G. 4, 301.
  3. M. G. 4, 197.
  4. Vgl. § 38 n. 14.
  5. M. G. 4, 239.
Empfohlene Zitierweise:
Julius von Ficker: Vom Reichsfürstenstande. Innsbruck: Verlag der Wagnerschen Buchhandlung, 1861, Seite 140. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ficker_Vom_Reichsf%C3%BCrstenstande_168.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)