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Auch der einzelne Grosse wird nun häufig als princeps noster dilectus oder aber als fidelis noster dilectus bezeichnet. In jenem Falle wird der Stand unzweifelhaft sein; nicht so in diesem, da auch der Fürst unter den weitern Begriff des Fidelis fällt, wie sich denn auch dann und wann beide Bezeichnungen vereinigt finden; so heisst 1219 der Bischof von Trient dilectus princeps et fidelis noster, 1220 der Erzbischof von Köln fidelis et dilectus princeps noster; oder auch dilecti fideles nostri principes ecclesiastici.[1] Ein Durchgehen der Kaiserurkunden zeigt nun auch bald, dass Grosse, über deren Fürstenrang kein Zweifel sein kann, wie die Bischöfe von Trient, Metz, Passau, der Abt von Kempten, die Herzoge von Oesterreich und Baiern[2], zuweilen einfach als Fideles bezeichnet werden; aber es ist doch Ausnahme; und so wenig uns demnach hier der einzelne Fall etwas erweisen kann, so wird doch, wenn ein Grosser mehrfach nur als Fidelis aufgeführt wird, dadurch seine Stellung als Prälat oder Magnat sehr wahrscheinlich werden.

Häufiger finden wir in den Urkunden von den Principes andere Grosse als Nobiles geschieden, und zwar nicht bloss Grafen und Edle, sondern auch solche, bei welchen wir den Amtstiteln nach auf den Fürstenstand vermuthen sollten. So in Urkunde K. Richards von 1257: Venerabiles G. Moguntinus – dilecti principes nostri; nobiles viri O. comes Gelrensie, F. tutor Hollandie, Th. et Th. comites Clivenses, W. dux de Limburg u. s. w.; K. Rudolfs von 1276: Venerabilis B. abbas Murbacensis princeps et nobilis vir H. marchio de Hahperch u. s. w., oder: illustres L. et H. – duces Bawarie, H. lantgravius Hassie principes nostri dilecti; et nobiles marchio de Burgaw, F. burggravius de Nurenberg u. s. w.[3] Sollte sich in solchen Fällen nicht etwa erweisen lassen, dass nur eine vereinzelte Nachlässigkeit vorliege, so geht doch mit Bestimmtheit daraus hervor, dass die Herzoge von Limburg, die Markgrafen von Hochberg und Burgau keine Fürsten waren.

Dürfen wir dem Ausdrucke Nobilis non aber auch da dasselbe Gewicht beilegen, wo er nicht neben dem Princeps erscheint, sondern für einen einzelnen Grossen gebraucht wird, oder haben wir auch hier anzunehmen, dass er ebenso, wie Fidelis, auch den Princeps einschliesse? Für das erstere dürfte schon sprechen, dass wir fast nie in derselben Weise, wie Fidelis und Princeps, so auch Nobilis und Princeps verbunden zur Bezeichnung ein und derselben Person gebraucht sehen; heisst es vereinzelt 1228 in einer meissnischen Urkunde H. nobilis princeps marchio des Andes[4], so finden wir, auch abgesehen davon, dass die Urkunde nicht aus der Reichskanzlei hervorgegangen ist, gerade einen Grossen so bezeichnet, dessen Fürstenstand erheblichen Zweifeln

  1. M. G. 4, 234. 236. 238.
  2. 1209-20: M. G. 4, 216. 230. M. B. 30, 14. 27. 94.
  3. Lacombl. 2, n. 438. Herrgott 3, 460. Hund 1, 392.
  4. Meiller 142.
Empfohlene Zitierweise:
Julius von Ficker: Vom Reichsfürstenstande. Innsbruck: Verlag der Wagnerschen Buchhandlung, 1861, Seite 174. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ficker_Vom_Reichsf%C3%BCrstenstande_174.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)