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111 Unter den Prädikaten der weltlichen Grossen nimmt Illustris, welches selbst von Kaisern und Königen gebraucht wird, unbedingt den ersten Rang ein. Früher war es nicht auf weltliche Grosse beschränkt; abbas illustris heisst z. B. 974 der von Kornelimünster [1], 1089 der von Stablo [2]; 1144 finden wir einen canonicus Leodiensis vir illustris [3]; 1151 wird das Prädikat für den Reichskanzler, 1167 für den Erzbischof von Mainz [4], 1190 für den Bischof von Trient, noch 1220 für den von Volterra gebraucht. [5] Später beachtete man den Unterschied genauer; heisst 1416 in einer kaiserlichen Regalienertheilung der Bischof von Münster venerabilis et illustris [6], so scheint der Ausdruck absichtlich gewählt, um seine Doppelstellung als Bischof und Herzog zu betonen.

Gewöhnliche Bezeichnung war es freilich auch früher nur für Weltliche. Macht der Herzog von Lothringen 1140 eine Schenkung more et lege virorum illustrium [7], so dürfte danach schon für das zwölfte Jahrhundert eine bestimmtere staatsrechtliche Bedeutung des Wortes anzunehmen sein. In diesem Falle würden wir es wohl dem ganzen Fürstenstande in älterer Bedeutung zuzusprechen haben; denn nicht allein die mächtigern Reichsfürsten heissen illustres, sondern für alle Klassen bis auf die Grafen hinab lassen sich Beispiele anführen. In frühern Jahrhunderten ist comes illuster gar nicht selten [8]; auch im zwölften finden sich manche Beispiele [9]; noch 1151 bezeichnet der Kaiser den Grafen von Namur [10], 1165 den Präfekten von Rom als illustris.[11] Das Wort kommt aber doch so wenig und so wechselnd mit andern vor, dass es bedenklich scheinen dürfte, für die Standesverhältnisse des zwölften Jahrhunderts bestimmtere Schlüsse daraus ziehen zu wollen, welche sonst nach dem Gesagten mit unsern frühern Erörterungen durchaus übereinstimmen würden.

Finden wir 1197 urkundlich: illustris H. comes palatinus Rheni nec non nobiles viri W. comes in Spanheim u. s. w. [12], so dürfte bei der Wahl der Prädikate unzweifelhaft schon der Unterschied zwischen Fürsten und Magnaten berücksichtigt sein. Später stossen wir überall auf die bestimmtesten Beweise des engsten Zusammenhanges dieses Prädikates mit dem Fürstenstande; princeps illustris ist die stehende Bezeichnung der weltlichen Fürsten in den Kaiserurkunden; bei den spätern Erhebungen in den Fürstenstand wird der Ausdruck durch die Formeln: te hodie illustravimus et illustramus [13] oder te in verum principem – illustravimus besonders betont [14], wie auch Schriftsteller

den Ausdruck in dieser Bedeutung gebrauchen, z. B. Aeneas Sylvius

  1. Quix 61.
  2. Lünig 18, 787.
  3. Lacombl. 1, n. 351.
  4. M. G. 4, 87. Guden, 1, 257.
  5. C. Wangian. 103. Huillard 2, 45.
  6. Niesert UB. 2, 45.
  7. Miraeus 2, 821.
  8. z. B. 881–980: Guden 1, 344. Quix 6. Hund 3, 395.
  9. 1120. 30. 50: Hormayr Beitr. 2, 89. Wirtemb. UB. 1, 380. M. B. 2, 304. Weitere Beispiele: Scheidt 68.
  10. Miraeus 4, 205.
  11. M. G. 4, 136.
  12. Günther 1. 453.
  13. 1354 Luxemburg, Pont a Mousson: Meibom 3, 212. Calmet 2, 620.
  14. 1380 Berg: Lacombl. 3, n. 848. 1462 Münsterberg: Lünig 6b, 329. 1432: Mantua: Lünig c. d. It. 1, 1374 u. s. w.
Empfohlene Zitierweise:
Julius von Ficker: Vom Reichsfürstenstande. Innsbruck: Verlag der Wagnerschen Buchhandlung, 1861, Seite 178. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ficker_Vom_Reichsf%C3%BCrstenstande_178.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)