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Provinzen und werden nicht selten erwähnt; so bestimmt 1046 ein Synodalbeschluss, daß Verona der Sitz zur Rechten des Patriarchen gebühre[1]; 1267 beansprucht Freising als Suffragan den Vorrang vor Passau[2]; K. Heinrich entschied 1311 einen Streit zwischen den Bischöfen von Vercelli und Brescia darüber, wem von ihnen bei der Königskrönung der erste Platz nach Mailand zukomme, dahin, dass jenem bei der Krönung des Königs, diesem bei dem der Königin der Vorrang zustehen solle.[3] Um zu entscheiden, in wie weit die zunächst kirchliche Rangordnung der Suffragane auch der Reichskanzlei massgebend gewesen sei, würde dieselbe vor allem für einzelne Provinzen genügend festzustellen sein. Aus einem solchen kirchlichen Gesichtspunkte dürfte insbesondere der häufig hervortretende Vorrang von Bamberg vor allen oder den meisten Bischöfen zu erklären sein; zeigt er sich sehr bestimmt auf den Tagen zu Ravenna 1232 und zu Wien 1237, so würde er dort allerdings auch durch die lange Regierungsdauer seine Erklärung finden; er zeigt sich aber auch, wo das nicht zutreffen würde, fand seine Anerkennung noch in der Rangordnung der spätern Reichstage, und ist wohl daraus zu erklären, dass Bamberg unmittelbar dem Papste unterstand.

Ein sehr gewöhnlich eingehaltener kirchlicher Gesichtspunkt ist der, dass der bloss Erwählte den konsekrirten Würdenträgern im Range nachsteht; gewöhnlich so, dass die Erwählten am Ende der betreffenden Klasse stehen, also der Episcopus electus jedem andern Bischofe nachsteht, dagegen dem geweihten Abte vorgeht.[4] Hie und da macht sich dieser Gesichtspunkt noch schärfer geltend, indem er selbst die Ordnung der Klassen durchbricht; 1138 steht der Erwählte von Bamberg hinter dem Abte von Eberbach[5], 1230 der Erwählte von Mainz hinter dem Bischofe von Regensburg[6], 1216 der Erwählte von Köln hinter den Bischöfen, aber doch vor den geweihten Aebten.[7] Nicht selten aber sind auch wieder die Fälle, wo der Umstand ganz ausser Acht gelassen wurde[8]; ein Beispiel gab uns bereits die Stellung des Erwählten von Trient auf dem Römerzuge 1220; tritt er da, wo neben ihm italienische Bischöfe vorkommen, selbst hinter diese zurück, so alternirt er in den andern Urkunden mit Brixen.[9]

Aber auch weltliche Gesichtspunkte bestimmten mehrfach die Stellung einzelner Bischöfe. So steht Bischof Heinrich von Prag 1194, wo er zugleich Herzog war, allen deutschen Bischöfen, selbst dem von Bamberg vor, und nur den Erzbischöfen nach.[10] Auch der Stand des Geschlechtes, welchem der Bischof angehörte, mochte zuweilen berücksichtigt werden; der hohe Rang, welchen Otto von Freising häufig einnimmt, möchte daraus zu erklären sein; auch bei

  1. Ughelli 5, 760.
  2. Meichelbeck 2a, 68.
  3. Ughelli 4, 802.
  4. z. B. M. G. 4, 227.
  5. Ughelli 3, 392.
  6. Huillard 3, 438.
  7. Reg. Fr. n. 167. 168.
  8. z. B. Reg. Phil. n. 35. Fr. 395. 411. 949.
  9. Vgl. § 116 n. 7.
  10. M. B. 29, 479. 31, 452.
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Julius von Ficker: Vom Reichsfürstenstande. Innsbruck: Verlag der Wagnerschen Buchhandlung, 1861, Seite 175. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ficker_Vom_Reichsf%C3%BCrstenstande_203.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)