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Sturze Heinrichs des Löwen einnahmen, muss eine ganz vereinzelte, mit den sonstigen Ordnungen und Formen des Reichs schwer in Einklang zu bringende gewesen sein; es zeigt sich hier eine Unsicherheit, ein Schwanken der Titel nicht nur in fremden, sondern auch in den eigenen Urkunden, welche jeden Versuch, sie jenen bestimmt einzureihen, fruchtlos erscheinen lässt. Wir finden dux ohne Zusatz[1], dann dux Saxoniae[2], dux de Brunswic[3], dux de Luneborg[4], dux de Brunswic et Luneborg[5]; oder es heisst nur mit Beziehung auf die frühere Herzogswürde des Vaters filius ducis Saxoniae[6]; eben so oft fehlt dann wieder jede Beziehung auf das Herzogthum, wird einfach dominus de Br. oder L.[7] gesagt, oder auch nur N. de Br. oder L.[8] Im Siegel Ottos heisst es 1218: Sigill. Ottonis de Luneburg filii fratris imperatoris sororis regis Danorum.[9] Auffallend ist es nun, dass zur Bezeichnung der Stellung der Welfen mehrfach auch zu dem Ausdrucke Princeps gegriffen wird, offenbar ohne alle Beziehung auf den Reichsfürstenstand, sondern um eine den gewöhnlichen Ordnungen des Reichs sich nicht anschliessende Gewalt mit einem möglichst allgemeinen Ausdrucke zu bezeichnen, also in ähnlicher Weise, wie bei benachbarten slavischen Fürsten.[10] Wilhelm nennt sich 1205 Bardinghie princeps, Otto 1225 in seinem Siegel princeps et dominus de Luneborg; unter den Zeugen einer Urkunde des Grafen von Holstein vom J. 1224 erscheint: Consanguineus noster Otto princeps de Luneburg[11]; auch Albert von Stade, welcher sonst durchweg nur von dem Herrn von Braunschweig oder Lüneburg spricht, nennt den Otto zum J. 1226: principem Luneburgensem.

Die Reichskanzlei zeigt keine grössere Sicherheit. Die Welfen erscheinen in Kaiserurkunden nicht allein als Herzoge von Braunschweig, sondern trotz der bestimmtesten Entscheidungen der Reichsgewalt auch als Herzoge von Sachsen; ja in Urkunde von 1223 erscheinen nebeneinander der Welfe Heinrich als dux Saxoniae und der Askanier Albrecht, welcher als Herzog von Sachsen hätte bezeichnet sein sollen, als dux Angariae[12]; andererseits heisst es wieder einfach Heinrich von Braunschweig[13]; 1219 spricht K. Friedrich von dem Grafen Heinrich von Braunschweig.[14] Auch Kennzeichen des Fürstenstandes finden sich hie und da; finden wir die Welfen als Zeugen zuweilen wenigstens allen Fürsten nachgestellt[15], so finden wir 1196 auch Heinrich als Herzog von Braunschweig vor Thüringen und Brandenburg[16]; der jüngere Otto wird nicht allein von andern Fürsten illustris princeps[17] oder illustris

  1. 1190: Or. Guelf. 3, 560. 573.
  2. Belege gesammelt l. c. 3, pr. 55.
  3. l. c. 3, 384. 4, 78. 98. 119.
  4. l. c. 3, 850.
  5. l. c. 5, 137.
  6. l. c. 3, 384. 570.
  7. l. c. 3, pr. 58. 4, 78. 88. 102. 103. 119. Lüb. UB. II, 1, 40.
  8. Or. Guelf. 3, 384. 858. M. B. 30, 452. Guden 1, 528.
  9. Lüb. UB. II, 1, 41.
  10. Vgl § 9 ff.
  11. Lüb. UB. II, 1, 28. Or. Guelf. 4, 78. Lünig 13, 922.
  12. Or. Guelf. 3, 667. 686.
  13. 1180. 94: M. B. 29, 439. 30, 452.
  14. Huillard 2, 586.
  15. M. B. 30, 452. Or. Guelf. 3, 570. 667.
  16. Or. Guelf. 3, 603.
  17. l. c. 4, 117.
Empfohlene Zitierweise:
Julius von Ficker: Vom Reichsfürstenstande. Innsbruck: Verlag der Wagnerschen Buchhandlung, 1861, Seite 189. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ficker_Vom_Reichsf%C3%BCrstenstande_217.jpg&oldid=- (Version vom 11.9.2016)