Seite:Ficker Vom Reichsfürstenstande 223.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

vereinzelte Nachlässigkeiten oder Willkürlichkeiten zu sehen. Denn nicht allein, dass jene Kennzeichen des Fürstenstandes bis auf das, zur Zeit K. Rudolfs auch anderen Magnaten ertheilte Prädikat illustris[1] wieder verschwinden, so ergeben sich selbst für jene Zeit auch wieder die bestimmtesten Beweise für die Stellung des Magnaten; 1236 und 1237 wird der Markgraf in Kaiserurkunden ausdrücklich von den Fürsten geschieden[2], wird wenigstens andern Magnaten nicht selten nachgestellt und heisst 1246 und 1254 nur nobilis.[3] Weiter bis über die Mitte des vierzehnten Jahrhunderts hinaus kann über die Stellung gar kein Zweifel sein nach der Zeugenstellung[4], wie nach den in den Kaiserurkunden ausschliesslich gegebenen Prädikaten spectabilis, nobilis und edel.[5] Sehr bestimmt heisst es 1351: per venerabilem B. episcopum Argentinensem principem et nobiles F. et R. fratres marchiones de Baden fideles nostros[6]; noch in mehreren Kaiserurkunden vom J. 1360 heissen die beiden Markgrafen nur die edlen – unsere und des heiligen romischen reiche lieben getrewen.[7] Die ersten Spuren einer geänderten Auffassung ihrer Stellung zeigen sich dann im J. 1361; der Kaiser ertheilt dem Markgrafen Rudolf zwar nicht den Fürstentitel, aber das fürstliche Prädikat hochgeboren; der Markgraf selbst aber spricht in dem Erbvertrage mit Pfalz von seinen Landen, Leuten, Fürstenthum, Herrschaft u. s. w. und wieder von seiner Herrschaft oder Fürstenthum.[8] Aufs bestimmteste tritt dann 1362 der Fürstenstand hervor; der Kaiser sagt, der hochgeborn R. marcgrafe zu Baden unser lieber furste und getruwer habe von ihm zu Lehn empfangen sin furstenthum, die marcgraffschaft zu Baden und versprochen, alles zu thun, was ein furste des richs dem Kaiser zu thuen schuldig sei.[9] Es findet sich nun wohl noch 1363 eine Kaiserurkunde, in welcher der Markgraf einfach als Getreuer, sein verstorbener Oheim als Edler bezeichnet wird[10]; 1364, 1365 und später finden wir dann aber die Markgrafen in den Kaiserurkunden durchaus als hochgeborne Fürsten bezeichnet[11]; ihr Fürstenstand ist von da ab keinem Zweifel unterworfen. Da die Urkunde von 1362 weder eine Erhebung zum Fürstenstand in sich schliesst, noch eine solche anderweitig stattgefunden zu haben scheint, so finden wir hier das erste Beispiel einer stillschweigend zugelassenen Standesänderung, deren Zeitpunkt sich genau bestimmen lässt; war es einmal gelungen, die Reichskanzlei zu einer so bestimmten Anerkennung des Fürstenstandes, wie sie in der Urkunde von 1362 hervortritt, zu bestimmen, so mochte dadurch für die Folge ziemlich dasselbe erreicht scheinen, wie durch eine ausdrückliche Standeserhöhung, welche nicht ohne Zustimmung der Fürsten und

  1. Vgl. § 113.
  2. Huillard 4, 820. 5, 24. 43.
  3. Stälin 2, 346. 347.
  4. Vgl. § 127. 128. 1330: Oefele 1, 773.
  5. 1281–1349: Lichn. Reg. 1, 167. Lacombl. 3, n. 153. Besold 162. Schöpflin Bad. 5, 284. 290. 347. 373. 403. 412. 417. 420. 434.
  6. Schöpflin Bad. 5, 440.
  7. Giafey 246. 247. 249. Schöpflin Bad. 5, 458.
  8. Schöpflin Bad. 5, 460. 462. 463.
  9. l. c. 5, 466.
  10. l. c. 5, 469.
  11. l. c. 5, 471. 479. 519. 523. 6, 1. 5. 6 u. s. w.
Empfohlene Zitierweise:
Julius von Ficker: Vom Reichsfürstenstande. Innsbruck: Verlag der Wagnerschen Buchhandlung, 1861, Seite 195. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ficker_Vom_Reichsf%C3%BCrstenstande_223.jpg&oldid=- (Version vom 24.10.2016)