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erwiesenen Fürsten vorstehen würde; aber das Gewicht der Stelle wird geschwächt durch die Stellung von Baden vor Meissen, wobei die Rangordnung entschieden verletzt ist; nehmen wir aber hinzu, dass auch in einer andern gleichzeitigen Urkunde der Graf vor dem Markgrafen von Baden steht[1], so wird doch kaum zu verkennen sein, dass Anhalt vor andern Grafen häufig so augenscheinlich bevorzugt erscheint, dass die Reichskanzlei ihn in diesen Fällen als Fürsten betrachtet haben muss.

K. Wilhelm nennt die Grafen 1252 und 1253 zuerst mit dem Titel, welchen sie in eigenen Urkunden führen, Grafen von Ascharien und Fürsten von Anhalt.[2] Ganz unzweifelhafte Belege, dass man sie in der Reichskanzlei als Reichsfürsten betrachtete, geben dann Urkunden K. Adolfs; 1294 heisst es: D. marchiones Brandeburgenses, D. de Anhaldt principes nostri dilecti; 1295: Illustres A. lantgravius Thuringie et O. comes de Anhalt principes; spectabiles viri u.s.w.; und: A. lantgravius Thuringie, O. de Anhalt principes nostri dilecti; noch in einer vierten gleichzeitigen werden Brandenburg, Thüringen und Anhalt als Fürsten von den Grafen geschieden.[3] Von K. Ludwig gibt es dann eine ganze Reihe von Urkunden, in welchen aufs bestimmteste die Grafen als Reichsfürsten, Anhalt als Fürstenthum bezeichnet werden[4]; K. Karl sagt 1348: illustris B. princeps de Anhalt comes Aschaniae sororius et princeps noster carissimus.[5]

Andererseits ist aber auch nicht zu läugnen, dass sich Stellen finden, wonach man die Grafen nicht als Fürsten betrachtet zu haben scheint. In der Erhebungsurkunde des Herzogs von Braunschweig 1235, wo doch Sorgfalt bei der Abfassung zu vermuthen wäre, steht der Graf von Anhalt ganz am Ende hinter den Grafen von Sain, Bar und Kleve[6]; 1273 finden wir als Zeugen: A. dux Saxoniae illustris princeps noster, O. de Anhalt, O. de Orlamunde, B. de Querenfurde comites, und in einer gleichzeitigen Urkunde steht der Graf von Orlamünde sogar vor[7]; in der Erklärung der brandenburgischen Bevollmächtigten zur Königswahl 1308 erscheint Graf Albert unter den andern Thronkandidaten, welche ziemlich bestimmt als principes und illustres von ihm unterschieden werden, nur als nobilis vir[8]; ebenso nennt den Grafen 1315 der König von Dänemark, 1318 K. Ludwig[9]; unter K. Karl IV. finden wir dann besonders häufig den Grafen nur als spectabilis oder nobilis bezeichnet und ohne irgendwelche Bevorzugung unter andern Grafen stehen, oft mehreren von ihnen nachgestellt[10]; in Urkunde von 1348: legationibus illustris W. marchionis Brandemburgensis nee non venerabilis O. archiepiscopi Magdeburgensis principum

  1. Reg. Henr. n. 311.
  2. Reg. Wilh. n. 128. 195.
  3. Hund 2, 183. Riedel 1, 210. Schöttgen et Kr. 1, 777. Reg. Ad. n. 239.
  4. 1323–40: Beckmann 481–490. Reg. Lud. n. 564. 1584-1586. 1656. 2093.
  5. Lünig 10 b, 167.
  6. M. G. 4, 319.
  7. Schöttgen et Kr. 1, 765. Reg. Rud. n. 39.
  8. Olenschlager St. G. 16.
  9. Beckmann 1, 86. Ludew. rel. 2, 266.
  10. z.B. 1355 u.s.w.: Riedel 2, 371. 383. Lacombl. 3, n. 546. 558. Ludew. rel. 5, 474. 11, 610. Guden 3, 401. Pistorius 3, 700. Lünig 6 b, 251.
Empfohlene Zitierweise:
Julius von Ficker: Vom Reichsfürstenstande. Innsbruck: Verlag der Wagnerschen Buchhandlung, 1861, Seite 203. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ficker_Vom_Reichsf%C3%BCrstenstande_231.jpg&oldid=- (Version vom 7.1.2019)