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nicht selten auch vor den geistlichen Fürsten[1], würde sich allerdings auch aus seinem Range als König erklären; er wird aber auch häufig vom Kaiser als Princeps noster oder als Princeps imperii bezeichnet.

Die Stellung der Markgrafen von Mähren zu bestimmen unterliegt 167 besondern Schwierigkeiten. Scheint die Erhebung im J. 1182 auf den Reichsfürstenstand zu deuten, so sind doch unsere Nachrichten darüber zu dürftig, ist die spätere Gestaltung der sich daraus ergebenden Verhältnisse zu ungewiss[2], als dass sich über die Stellung der folgenden Markgrafen zum Reiche daraus etwas folgern liesse. Heissen die Markgrafen noch im dreizehnten Jahrhunderte in eigenen und böhmischen Urkunden Principes, ihr Land Principatus, so schliesst sich das an einen ältern, ohne Rücksicht auf das Reich entstandenen Gebrauch an[3]; und im vierzehnten Jahrhunderte könnten sich die bezüglichen Ausdrücke vielleicht nur auf den böhmischen Fürstenverband beziehen.[4]

Dass Mähren selbst neben Böhmen als besonderes Reichsfürstenthum betrachtet wurde, ist bestimmt gesagt in der Urkunde vom J. 1262, in welcher K. Richard den Ottokar belehnt: de principatibus regni Bohemie et marchionatus Moravie ac omnibus feudis dictis duobus principatibus attingentibus.[5]

Ob aber die Brüder und Söhne böhmischer Könige, welche Markgrafen von Mähren waren und zwar, wie sich ergeben wird, unter böhmischer Lehnshoheit, als Reichsfürsten galten, ist schwer zu entscheiden, da wir ihnen nur selten in Kaiserurkunden begegnen. Magnaten sind sie niemals nachgestellt; 1187, 1192, 1212, 1213 und 1220 steht der Markgraf zwischen Fürsten und Magnaten[6]; 1201 folgen auf ihn angesehene Magnaten, nämlich Groitsch, Tübingen und Ronsberg[7]; 1213 steht er vor Thüringen, aber als Bruder dem Könige von Böhmen zugeordnet[8]; um 1202, in einem Schreiben vieler Fürsten an den Papst, folgen ihm die Markgrafen von Lausitz, Meissen und Brandenburg[9]; in Kaiserurkunde von 1220 steht er vor Meran[10]; 1230 zählt K. Friedrich in einem Briefe mehrere Principes imperii auf und am Ende derselben auch den Markgrafen von Mähren.[11] Dagegen wird der Markgraf allein vom Kaiser nie Fürst genannt; 1216 heisst er fidelis, 1212 sogar nobilis marchio.[12] Das ganze Vorkommen dürfte den Eindruck machen, als habe hier ein eigenthümliches Verhältniss vorgelegen, eine unklare Stellung zu den Scheidungen der Klassen der deutschen Grossen.

Im vierzehnten Jahrhunderte erscheinen dann die Markgrafen aus dem luxemburgischen Hause unstreitig den Reichsfürsten vollkommen gleichgestellt; so finden wir z. B. 1366 den illustris J. marchio Moraviae

  1. Vgl. § 118 n. 6. 7.
  2. Vgl. § 71.
  3. Vgl. § 12. 31.
  4. Vgl. § 19.
  5. C. d. Mor. 3, 339.
  6. Meiller 64. C. d. Westf. 2, 221. Reg. Ott. n. 169. M. B. 30, 5. 9. 31, 499.
  7. M. B. 29, 505.
  8. Huillard 1, 281.
  9. Erben. n. 464.
  10. M. B 30, 103.
  11. C. d. Mor. 2, 276.
  12. C. d. Mor. 2, 88. 62.
Empfohlene Zitierweise:
Julius von Ficker: Vom Reichsfürstenstande. Innsbruck: Verlag der Wagnerschen Buchhandlung, 1861, Seite 217. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ficker_Vom_Reichsf%C3%BCrstenstande_245.jpg&oldid=- (Version vom 9.9.2019)