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In Thüringen, mit welchem seit 1190 die sächsische Pfalzgrafschaft verbunden war, erhielten früher die jüngeren Söhne den Grafentitel; wir finden Grafen von Hessen, von Thomsbrück, von Ziegenhain oder Wildungen, welche aber kinderlos verstarben, so dass es hier auch keine aus früherer Zeit stammende Nebenlinien gab. Als Landgraf Hermann 1216 starb, waren drei Söhne und zwei Fürstenthümer da. Aber beide kamen ungetheilt an den ältesten Sohn Ludwig und nur dieser scheint auch als Fürst betrachtet zu sein: mortuo H. lantgravio L. filius ejus primogenitus – patri defuncto in principatu succedens – in paterni dominatus successionem et in principalis sedem dignitatis est elevatus[1]; er führt auch den Titel eines Landgrafen und Pfalzgrafen[2]; die Titel, welche die Brüder bei seinen Lebzeiten führten, sind mir unbekannt. Als er 1228 starb, hinterliess er nur einen dreijährigen Sohn Hermann; es lebten aber weiter die Brüder Heinrich und Konrad. Beide Fürstenthümer kamen nun unzweifelhaft an Heinrich, welcher sich immer Landgrafen von Thüringen und Pfalzgrafen von Sachsen nennt und als solcher mehrfach in Kaiserurkunden, so 1235 und 1237 auf den Tagen zu Mainz und Wien, erscheint. Aber die Stellung des Bruders und des Neffen war doch eine andere, wenigstens nach ihren sich auf das Fürstenthum beziehenden Titeln, als die der frühern Seitenverwandten. In Urkunde Heinrichs von 1230 erscheint Konrad allerdings nur als frater noster[3], er selbst urkundet aber 1233 als junior Thuringie lantgravius, auch schlechtweg als Thuringie landgravius[4]; 1234 Urkunden alle drei als Henricus, Conradus et Hermannus d. gr. Thuringie lantgravii, Saxonie comites palatini[5]; in gleichzeitiger Kaiserurkunde wird Konrad zwar nicht nach dem Lande, aber mit dem Amtstitel und als Fürst bezeichnet: dilectus princeps et consanguineus noster C. junior lantgravius, frater Henrici Thuringie lantgravii, Saxonie comitis palatini und nochmals: C. et H. fratrum dilectorum principum et consanguineorum nostrorum precibus.[6]- Noch nach seinem Eintritte in den Deutschorden heisst er 1235 und 1237 frater C. quondam lantgravius.[7] Eine Urkunde von 1241, aus welcher sich die Stellung des jungen Hermann vorzüglich zu ergeben hätte, liegt uns leider in zwei in den entscheidenden Worten abweichenden Abdrucken vor; es handelt sich um einen Verkauf, welcher vorgenommen wird in Leinenberge praesente domicello (coram serenissimo principe domino) Hermanno juniore Thuringie lantgravio comite Hassie et domino terre prope Laynam; veröffentlicht wird er weiter zu Duderstadt in judicio gloriosi principis domini Henrici senioris Thuringie lantgravii; als Zeugen erscheinen illustris (invictissimus) dux in Bruneswich, domicellus (serenissimus) Hermannus Thuringie lantgravius. Nach der ersten Lesart führt Hermann zwar auch den

  1. Ann. Reinhardsbr. 146.
  2. z. B. Wenck 3, 98.
  3. Wenck 3, 106.
  4. Wenck 3, 107. 2, 150.
  5. Hennes 102.
  6. Huillard 4, 477.
  7. Wenck 2, 153. Hennes 106.
Empfohlene Zitierweise:
Julius von Ficker: Vom Reichsfürstenstande. Innsbruck: Verlag der Wagnerschen Buchhandlung, 1861, Seite 250. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ficker_Vom_Reichsf%C3%BCrstenstande_278.jpg&oldid=- (Version vom 9.9.2019)