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lebenden Brüder fortwährend auf Theilung; den früheren bezüglichen Verträgen liegt die Anschauung des Gesammtbesitzes noch wesentlich zu Grunde, es handelt sich nur um Theilung der Verwaltung und Einkünfte; 1379 kam es dann aber zur wirklichen Theilung, welche 1380 vom K. Wenzel bestätigt wurde; Titel und Wappen aller Länder sollen freilich beiden Brüdern gemeinsam bleiben, aber Wiedervereinigung wurde erst für den Fall des Aussterbens einer Linie in Aussicht genommen.[1] Die österreichischen Theilungen unterscheiden sich von den andern aber doch einmal dadurch, dass hier die einzelnen, dem Hause zustehenden Reichsfürstenthümer wesentlich ungetheilt blieben. Weiter blieb auch dem Reiche gegenüber noch später eine gewisse Einheit aller österreichischen Lande gewahrt, nicht ohne Einfluss der Bestimmung des Privilegs über den Vorzug des Aeltesten, welche schon 1395 wieder geltend gemacht wurde[2]; K. Ferdinand bestimmte noch 1554 bezüglich der Theilung unter seine Söhne, dass, weil nach den alten Freiheiten des Hauses der älteste Erzherzog die Herrschaft des Landes haben und die Erzherzogthümer ungetheilt bleiben sollen, auch nur der Aelteste die gesammten Reichslehen des Hauses empfangen solle, nicht aber jeder der Söhne die ihm zugetheilten Fürstenthümer und Lande; womit denn wohl zusammenhing, dass später für die österreichischen Lande nur eine Stimme im Reichsfürstenrathe geführt wurde.[3]

197 Nach dem, was wir über Brandenburg bemerkten, insbesondere auch für den Markgrafen von Landsberg nachwiesen[4], wird es nun nicht auffallen können, wenn wir alle jene Theilfürsten oder Gesammtfürsten als Reichsfürsten betrachtet sehen. Es dürfte überflüssig sein, Belege dafür zu häufen, da fast jedes Urkundenbuch sie bietet. Bezeichnend dürfte es insbesondere sein, wenn es 1282 bei der Gesammtbelehnung der beiden Söhne K. Rudolfs mit Oesterreich und Steier heisst: principum imperii numero, consortio et collegio aggregantes eosdem et ipsis ius principum concedentes: und wollte man das Gewicht dieser Stelle durch die Bemerkung abschwächen, dass hier so viel Fürstenthümer als Lehnsträger vorhanden waren, so bedient sich auch 1298 K. Albrecht bei der Gesammtbelehnung seiner sechs Söhne ganz derselben Ausdrücke.[5] Selbst seit K. Rudolfs jüngerer Sohn Rudolf 1283 dem älteren Albrecht Oesterreich und Steier überlassen musste, führte er den Herzogstitel fort und galt als Reichsfürst; so sagt K. Rudolf 1290: illustres Rudolfus dux Austrie et R. illustris ducis Bauwarie filius principes nostri carissimii.[6] Ebenso führte sein Sohn Johann Parricida den Titel eines Herzogs von Oesterreich und Steier.

  1. Kurz, Albrecht III. 1, 178. 305.
  2. Oestr. Archiv 8, 28.
  3. Vgl. Moser 34, 401.
  4. Vgl. § 142. 193.
  5. Gerbert c. ep. 234. Schrötter 2, 248. Vgl. § 75 n. 2
  6. M. G. 4, 454. Vgl. Zeerleder 2, 354.
Empfohlene Zitierweise:
Julius von Ficker: Vom Reichsfürstenstande. Innsbruck: Verlag der Wagnerschen Buchhandlung, 1861, Seite 262. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ficker_Vom_Reichsf%C3%BCrstenstande_290.jpg&oldid=- (Version vom 9.9.2019)