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Selbst für Anhalt haben wir keinen Grund anzunehmen, dass nicht alle Theilfürsten als gleichberechtigt betrachtet wurden. Schon K. Wilhelm bezeichnet 1252 zwei der Brüder als Fürsten von Anhalt; die bestimmtesten Stellen für ihren Reichsfürstenstand in Urkunden K. Adolfs treffen allerdings Otto von Aschersleben, welcher auch nach dem Erstgeburtsrechte der Vertreter des Fürstenthums gewesen sein würde; dagegen treffen die Stellen aus Urkunden K. Ludwigs und K. Karls auf verschiedene Linien, wie auch alle selbst den Fürstentitel führen.[1]

Nur eine Ausnahme dürfte hier zu machen sein bezüglich Friedrichs von Dresden oder des Kleinen, drittgebornen Sohnes Heinrichs des Erlauchten von Meissen. Als er 1289, im Jahre nach dem Tode seines Vaters, seine Besitzungen an Böhmen veräusserte, nennt er sich allerdings Misnensis et Orientalis marchio, princeps et haeres terrae Lusatiae, magnifici quondam domini H. Misnensis et Orientalis marchionis junior filius, aber es ist doch auffallend, dass er besondern Werth darauf legt, böhmischer Fürst zu werden[2]; es ist weiter auffallend, dass er in der Bestätigungsurkunde K. Rudolfs zwar illustris F. Misnensis et Orientalis marchio, haeres terrae Lusaciae, aber nur fidelis noster dilectus heisst[3], was in dieser spätern Zeit mit einer Anerkennung als Fürst kaum mehr vereinbar sein dürfte. Weiterhin führt er denn auch durchweg nur den Titel dominus de Dresden oder territorii Dresdensis, vereinzelt auch 1309 marcgrave von Dresden[4]; und wie er keinen der Titel der Fürstenthümer des Hauses führt, so dürfte sich auch kein Beleg finden, dass er als Reichsfürst betrachtet worden sei. Es lag denn aber auch hier ein eigenthümliches Verhältniss vor, auf welches wir zurückkommen; seine Mutter, Elisabeth von Miltitz, war nämlich eine Ministerialin; und waren ihm auch 1278 vom K. Rudolf die Rechte freier Geburt verliehen[5], so dürfte trotzdem dieser Umstand genügen, seine Sonderstellung zu erklären.

Versuchen wir es nun, uns auf Grundlage der bisherigen Untersuchungen 198 die Zahl der weltlichen Reichsfürsten und ihren allerdings vielfach nur annähernd richtig darzustellenden Zusammenhang mit den früher nachgewiesenen Fürstenthümern für verschiedene Zeitpunkte zu vergegenwärtigen, so erhalten wir folgendes Ergebniss[6]:

  1. Vgl. § 156.
  2. Vgl. § 87 n. 3.
  3. Sommersberg scr. 1, 940.
  4. Wilkii Ticem. 141. 206.
  5. Scheidt Adel 2, XXIX.
  6. Die Angaben 1250 – 1350 stützen sich grossentheils auf Hopf hist. genealog. Atlas; für 1582 vgl. Moser 34, 287 ff.; für 1792 Vgl. Lancizolle, Reichsstandschaftsverh. 10.
Empfohlene Zitierweise:
Julius von Ficker: Vom Reichsfürstenstande. Innsbruck: Verlag der Wagnerschen Buchhandlung, 1861, Seite 263. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ficker_Vom_Reichsf%C3%BCrstenstande_291.jpg&oldid=- (Version vom 9.9.2019)