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visitat curias, a quo suscipit sceptrum et investituram; darüber wurde ihm dann auch ein besonderes Privileg ausgefertigt. Weiter heisst es dann bei Gelegenheit der Einsetzung des Bischofs Daniel durch den Herzog im J. 1197: ibi vidimus, unde satis doluimus, quod idem Daniel episcopatu investitus flexo poplite fecit ominium praefato duci Wladislao in praeiudicium antiquae libertatis, et in derogationem privilegiorum imperialium, quae investituram Pragensis et Olomucensis episcoporum ad imperatorem pertinere sed et Pragensem episcopum principem fore testantur imperii, quod usque ad istum episcopum antiquitas transmisit, sed in isto periit.[1] Noch 1202 schreibt der Papst, wie der Bischof desshalb verklagt sei, dass er contra eiusdem ecclesiae privilegium, imperiali ei liberalitate concessum et per sedem apostolicam confirmatum, hominium dilecto filio nobili viro duci Bohemiae praestitisset, et regalia recepisset ab eo, sic subjiciens Pragensem ecclesiam servituti.[2] Aus diesen Stellen scheint sich doch bestimmt die Anschauung zu ergeben, dass die Investitur durch den Kaiser nöthiges Erforderniss des Fürstenstandes sei, der von einem andern investirte Bischof nicht mehr Reichsfürst sein könne. Eine Bestätigung gibt uns der Bischof von Reggio, welcher dreimal bestimmt von den Fürsten geschieden wird; er erhielt nämlich die Investitur vom Erzbischofe von Ravenna, welchem 1063, 1080 und 1209 ausdrücklich vom Kaiser der episcopatus Regiensis cum dono et investitura bestätigt wird.[3]

Die Investitur durch das Reich nun schlechtweg den übrigen Kennzeichen des Fürstenstandes anzureihen, was uns allerdings zu bestimmteren Ergebnissen führen würde, dürfte doch Bedenken unterliegen. Der Bischof von Modena, welchen wir doch auch nicht zu den Fürsten gezählt fanden, scheint vom Kaiser investirt worden zu sein, denn 1160 wurden ihm die Regalien seiner Kirche bestätigt.[4] Und können wir allerdings die Mehrzahl der vom Reiche investirten deutschen Aebte anderweitig als Fürsten nachweisen, so finden wir in Italien wohl Aebte, welche Regalien vom Reiche erhielten; aber als Fürsten werden sie nicht bezeichnet. Es wäre nun möglich, dass in dieser Richtung ein Unterschied zwischen Deutschland und Italien bestand, was wir freilich auf genügender Grundlage nur dann würden untersuchen können, wenn wir bereits anderweitig bestimmt hätten, wer hier oder dort zu den Fürsten gehörte. Ist es doch überhaupt der Gesichtspunkt für den Gang unserer Untersuchung, nach den staatsrechtlichen Grundlagen des Standes, seinen Rechten und Pflichten nicht eher zu fragen, bis wir in einer auf rein äusseren Kennzeichen gestützten Abgrenzung des Standes einen genügenden Ausgangspunkt gewonnen haben werden.

Wir werden aber doch auch für das letztere hier sicherer vorgehen können, wenn wir von vornherein die Investitur durch das Reich beachten,

  1. Chronogr. Siloens. ap. Dobner 1, 96. 121. 126.
  2. Erben n. 465.
  3. Ughelli 2, 362. Mittarelli 3, 22. Fantuzzi 5, 304.
  4. Ughelli 2, 119.
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Julius von Ficker: Vom Reichsfürstenstande. Innsbruck: Verlag der Wagnerschen Buchhandlung, 1861, Seite 272. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ficker_Vom_Reichsf%C3%BCrstenstande_300.jpg&oldid=- (Version vom 29.1.2017)