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Diese besondere Verbindung mit der römischen Kirche bezog sich nun keineswegs lediglich auf die Spiritualien, auf die Exemtion vom Metropolitanverbande, welche hier allerdings stattfand, da das Bisthum erst 1215 vorübergehend, dann dauernd seit 1228 unter Magdeburg gestellt war.[1] Dass diese Ausdrücke vielmehr gebraucht wurden, um ein besonderes Verhältniss der Temporalien zu bezeichnen, eine Unabhängigkeit derselben von jeder weltlichen Gewalt in der Form eines Eigenthumsrechtes der römischen Kirche auf dieselben, werden uns spätere Angaben insbesondere über die Abteien, bei welchen dieses Verhältniss sich überaus häufig findet, zeigen; es ergibt sich das aber auch aus den bezüglichen Angaben über das einzige deutsche Bisthum, welches in ähnlichem Verhältnisse stand, über Bamberg. Schon in der päpstlichen Bestätigungsurkunde von 1007 heisst es, dass der Papst insbesondere für die Kirchen zu sorgen habe, quae specialiter sub jure ac dominio nostrae Romanae ecclesiae consistunt, und weiter: sit ille episcopatus liber et ab omni extranea potestate securus Romano tantummodo mundiburdio subditus; dennoch wird schliesslich hinzugefügt: sit tamen idem episcopus suo metropolitano archiepiscopo Mogunciensi subjectus atque obediens. Die Vergabung des Bisthums an den römischen Stuhl wurde 1020 wiederholt; ecclesiam, sagt der Papst, cum omni integritate episcopatus sanctae Romanae ecclesiae – et nobis obtulit; zur Anerkennung hat das Bisthum jährlich einen weissen Zelter nach Rom zu senden[2]; auch bei Cencius camerarius heisst es: In episcopatu Bambergensi, qui est domini papae, episcopus ipse palafredum album cum sella vel. xii. marcas boni argenti.[3] Die staatsrechtliche Stellung des Bischofs scheint aber durch dieses Verhältniss gar nicht beeinflusst gewesen zu sein; es dürfte blosser Zufall sein, dass wir Reichslehenbriefe für Bamberg erst aus dem fünfzehnten Jahrhunderte anzuführen wussten[4]; denn es kann keinem Zweifel unterliegen, dass die Investitur der Bamberger Bischöfe von jeher dem Könige zustand. Von zahlreichen andern Belegen abgesehen, verweisen wir auf die Erhebung Bischof Ottos im J. 1102; er wurde vom Kaiser eingesetzt und mit Ring und Stab investirt; und hielt er das ohne die päpstliche Zustimmung für ungültig, so ergibt sich doch aus den Verhandlungen darüber aufs bestimmteste, dass sich seine Bedenken lediglich auf die Laieninvestitur überhaupt bezogen, wesshalb er schon früher die Bisthümer Augsburg und Halberstadt ausgeschlagen hatte, keineswegs aber auf eine Sonderstellung des Bisthums Bamberg.[5] Es kann denn auch der Reichsfürstenstand des Bischofs nicht dem geringsten Zweifel unterliegen.

Dagegen werden wir nun später sehen, dass auch bei den deutschen Abteien, welche während und nach dem Investiturstreite dem römischen

  1. Vgl. Zeitschr. f. deutsch. Recht. 10, 87.
  2. C. Udalr. ep. 79. 77. Vgl. M. G. 4b, 175.
  3. Muratori ant. 5, 876.
  4. Vgl. § 202 n. 31.
  5. Herbordi vita Ottonis. M. G. 14, 752. 753.
Empfohlene Zitierweise:
Julius von Ficker: Vom Reichsfürstenstande. Innsbruck: Verlag der Wagnerschen Buchhandlung, 1861, Seite 278. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ficker_Vom_Reichsf%C3%BCrstenstande_306.jpg&oldid=- (Version vom 29.1.2017)