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Lebus schon von K. Heinrich V. vorübergehend geschenkt war[1], und auf dessen gegen Ende des Jahrhunderts hervortretende Versuche, sich im Osten der Elbe einen grösseren Hoheitssprengel zu schaffen, wir noch mehrfach zurückkommen werden, liess sich von K. Philipp auch Lebus schenken, und K. Friedrich bestätigte ihm 1226: episcopatum, castrum et civitatem Lebus in proprietatem et possessionem perpetuam cum omnibus proventibus suis, – ac cunctis juribus eorum, sicut ad nos et imperium spectare noscuntur, nec non cum ceteris pertinentiis suis occupatis pro tempore ac detentis quas ab occupatorum manibus eruere potuerit, qui eas non absque imperii prejudicio et injuria invaserunt et per violentiam detinere contendunt.[2] Worauf sich die Ansprüche des Reichs gründen konnten, wenn nicht etwa auf die Eroberung durch K. Heinrich V., ist nicht wohl abzusehen; allerdings war die Schenkung jetzt von grossem Gewicht, da Lebus kurz vorher vom Landgrafen von Thüringen erobert war. Doch gelang es dem Erzbischofe nicht sogleich, sich gegen die polnischen Herzoge von Schlesien in Besitz zu setzen oder zu behaupten; erst 1250 kamen Schloss und Land an den Erzbischof und die ihm verbundenen Markgrafen von Brandenburg; es blieb zunächst in gemeinschaftlichem Besitz derselben.[3] Ein Theil verblieb wohl unter polnischer Hoheit, da sich auch später polnische Schutzbriefe für das Bisthum finden.[4] Später gehört das Bisthum zu Brandenburg, wird aber 1336 als Lehen von Magdeburg anerkannt.[5] Unter diesen Verhältnissen kann es nicht befremden, dass wir kaum Spuren einer Verbindung des Bischofs mit dem Reiche finden; eine solche mag sich unter K. Ludwig durch dessen näheren Beziehungen zu Brandenburg angebahnt haben, wenigstens finden wir 1330 eine Einladung des Bischofs zum Reichstage[6]; weiter erscheint in den Urkunden K. Karls IV. mehrfach Bischof Heinrich von Lebus, und zwar auch deutschen Bischöfen vorgestellt[7]; K. Wenzel bezeichnet 1395 den Bischof als unseren fursten[8]; aber bei den besonderen Beziehungen der Luxemburger zum Osten, der bevorzugten Stellung, welche auch die böhmischen Bischöfe unter ihnen einnehmen, wird darauf nicht viel Gewicht zu legen sein. In der Matrikel von 1431 und in spätern wird der Bischof von Lebus aufgeführt, wie der von Kamin schon in der von 1422 erscheint[9]; die Matrikeln geben aber, wie das schon ihr Zweck nahe legt, einen sehr ungenügenden Beweis für die Reichsunmittelbarkeit der in ihnen verzeichneten; Aufnahme in dieselben und Heranziehung zu den Lasten der Reichsunmittelbaren mochte aber vielfach den Versuch nahe legen, nun auch die Rechte derselben zu beanspruchen. Versuchte es der Bischof in der ersten Hälfte des sechszehnten Jahrhunderts einen Sitz auf der Fürstenbank einzunehmen, so war es für Brandenburg nicht

  1. Raumer n. 712.
  2. Huillard 2, 602.
  3. Vgl. Riedel Mark 1, 481.
  4. 1287-1332: Lünig 17b, 81.
  5. Riedel 2, 113.
  6. Oefele 1, 738.
  7. 1361: Lacombl. 3, n. 613. 615.
  8. Pelzel Wencesl. 2, 7.
  9. Aschbach Sigism. 3, 419. 420.
Empfohlene Zitierweise:
Julius von Ficker: Vom Reichsfürstenstande. Innsbruck: Verlag der Wagnerschen Buchhandlung, 1861, Seite 280. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ficker_Vom_Reichsf%C3%BCrstenstande_308.jpg&oldid=- (Version vom 29.1.2017)