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208 Die Frage, ob die Bischöfe von Prag and Olmütz Reichsfürsten waren, muss von besonderer Wichtigkeit erscheinen wegen des Einflusses, welchen sie auf die ganze Auffassung des staatsrechtlichen Verhältnisses Böhmens üben muss. Wir führten oben an, wie im J. 1187 der Reichsfürstenstand des Bischofs von Prag unter Hinweis auf seine Investitur durch den Kaiser ausdrücklich anerkannt wurde, dass man ihn für verloren hielt, als 1197 der Bischof die Investitur vom Herzoge nahm; auch der Investitur des Bischofs von Olmütz durch den Kaiser wurde dabei gedacht.[1] War nun jene Anerkennung vom J. 1187 etwa eine Neuerung, darauf berechnet, die Macht Böhmens zu Gunsten des Reichs zu schwächen?[2] Fast für keinen Bischof haben wir so zahlreiche Zeugnisse für die Investitur durch das Reich, als für den Prager; und auch für den von Olmütz fehlen sie nicht. Nach der Lebensbeschreibung des h. Adalbert kam 983 eine böhmische Gesandtschaft zum Kaiser nach Verona: et obtulit electum episcopum, rogans eius manu popularem confirmari electionem; non minus imperator eorum dignae peticioni adquiescens, dat ei pattoralem virgam; et cuius suffraganeus erat, Mogontino archipraesuli in episcopum direxit confirmandum.[3] Vom Nachfolger des h. Adalbert, Thiddag, erzählt Thietmar: sedem suam is a tertio Ottone ad regendum suscipit.[4] Im J. 1068 schickte Herzog Wratislaw seinen Bruder Jaromir, später Gebhard, zum Könige nach Mainz, um Bestätigung seiner Wahl ersuchend: quorum peticioni caesar annuens – dat ei anulum et pastoralem virgam; welchen Werth man darauf legte, ergibt sich, wenn Kosmas erzählt, dass Gebhard seinem Bruder, auch als dieser zum Könige erhoben worden war, nicht gehorchen wollte: sed solum imperatori suum profitetur servitium, a quo acceperat episcopium.[5] Im J. 1092 kommen die beiden Erwählten von Prag und Olmütz zum Kaiser nach Mantua: et statim desponsat eos anulis ad singulas ecclesias, dans eis pastorales virgas; wieder heisst es 1099: caesar confirmat Boemorum electionem, dans Hermanno anulum et virgam episcopalem; im J. 1135 reist der Erwählte von Prag zum Kaiser, quatenus electio sua imperiali assensu et approbatione corroboraretur; der Kaiser investirt ihn mit Ring und Stab.[6] Im J. 1157 nimmt Bischof Daniel den Erwählten von Olmütz mit sich nach Würzburg ab imperatore more solito investiendum und der Kaiser dominum Johannem electum regalibus investit.[7] Endlich heisst es noch 1180 von der Herzogin: mittit electum suum ad imperatorem regalibus investiendum.[8]

Es würde nun auch keineswegs schwer fallen, aus Urkunden und Chroniken eine Reihe weiterer Belege für die unmittelbare Verbindung der böhmischen Bischöfe mit dem Reiche beizubringen. Ueber die

  1. Vgl. § 201.
  2. Vgl. Palacky 1, 480. 2, 54. 55, Anm. 87.
  3. M. G. 6, 584. Vgl. 598.
  4. M. G. 5, 854, Vgl. Cosmas. M. G. 11, 54.
  5. M. G. 11, 82. 95.
  6. l. c. 100. 105. 141.
  7. Vincent. ap. Dobner 1, 47.
  8. Chr. Siloensis ap. Dobner 1, 92.
Empfohlene Zitierweise:
Julius von Ficker: Vom Reichsfürstenstande. Innsbruck: Verlag der Wagnerschen Buchhandlung, 1861, Seite 282. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ficker_Vom_Reichsf%C3%BCrstenstande_310.jpg&oldid=- (Version vom 29.1.2017)