Seite:Ficker Vom Reichsfürstenstande 318.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

zwar der Ausdruck Princeps gebraucht, und will man ihn auch nicht etwa in einen Gegensatz zu dem Ausdrucke Princeps imperii bringen, so wird im übrigen die Urkunde nur die Bedenken gegen den Fürstenstand stärken können, insofern sie doch den Schluss nahe legt, dass die jüngern Salzburger Suffragane vor dem Reiche andern Fürsten nicht gleichstehen. Auch in Urkunden K. Rudolfs aus den Jahren 1274 bis 1281 werden Gurk, Chiemsee und Seckau mehrfach als Fürsten bezeichnet; gewöhnlich allerdings nur so, dass sie gemeinsam mit andern Fürsten unter dem Titel zusammengefasst werden[1]; doch sind mir auch Fälle bekannt geworden, in welchen der König nur den Bischof von Gurk[2] oder nur die Bischöfe von Chiemsee und Seckau[3] als seine Fürsten bezeichnet. Aber noch im vierzehnten Jahrhunderte geschieht das nur ausnahmsweise, so 1312 von K. Heinrich[4]; erst in der zweiten Hälfte des fünfzehnten Jahrhunderts scheint es allgemein üblich geworden zu sein, ihnen den Fürstentitel zu geben.[5] Wäre die Nachricht als gegründet zu erweisen, dass K. Friedrich 1457 dem Bischofe von Lavant den fürstlichen Titel verliehen habe[6], so würde das allerdings sehr für die Annahme sprechen, dass ihm dieser früher nicht zugestanden habe.

Ich glaube nun überhaupt nicht, dass gerade in diesem Falle auf die, früher doch nur ausnahmsweise vorkommende Beilegung des Fürstentitels viel Gewicht zu legen sei; und wurde 1549 von Salzburg gegen die Heranziehung der Bischöfe von Chiemsee zu Reichslasten geltend gemacht, dass dieselben nie unmittelbare Reichsfürsten gewesen seien, sondern den fürstlichen Ehrentitel gleich den Bischöfen von Gurk, Seckau und Lavant nur wegen ihrer bischöflichen Würde führten[7], so dürfte damit das Richtige getroffen sein. Wird sich uns ergeben, dass man auch angesehenen Magnaten, deren Stand gar nicht zweifelhaft sein kann, hie und da den Fürstentitel gab, so kann das hier noch weniger befremden, wo der Umstand, dass fast alle deutschen Bischöfe zugleich Fürsten waren, das so sehr nahe legte; es dürfte eine Auszeichnung gewesen sein, bei welcher man weniger die staatsrechtliche Stellung, als die kirchliche Würde im Auge hatte. Ungleich schwerer scheint mir jene eine Stelle zu wiegen, in welcher der Bischof von Seckau bestimmt von den Fürsten geschieden wurde; und im Verlaufe der Untersuchungen werden wir noch mehrfach auf Belege stossen, dass diese mittelbaren Bischöfe von der Ausübung reichsfürstlicher Rechte ausgeschlossen waren.

210 Wenden wir uns zu den burgundischen Bischöfen, so kann es zunächst gar keinem Zweifel unterliegen, dass der Erzbischof von

  1. z.B. M. G. 4, 412. 416. Hund 1, 392.
  2. Marian A. S. 5, 500. M. G. 4, 425.
  3. Mittheil. des V. f. Steiermark 5, 215.
  4. Dipl. Stir. 1, 347.
  5. Seckau 1479 u.s.w.: Dipl. Stir. 1, 353. 360. 62. 64. 66. Gurk 1460: Marian 5, 504. Chiemsee 1472: Juvavia T. 511.
  6. Moser 35, 224.
  7. Juvavia T. 511.
Empfohlene Zitierweise:
Julius von Ficker: Vom Reichsfürstenstande. Innsbruck: Verlag der Wagnerschen Buchhandlung, 1861, Seite 290. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ficker_Vom_Reichsf%C3%BCrstenstande_318.jpg&oldid=- (Version vom 29.1.2017)