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Bisanz jederzeit Reichsfürst war; er wird oft ausdrücklich so genannt[1], erhielt seine Regalien vom Reiche[2] und besuchte häufig die kaiserlichen Hoftage. Doch wurde im fünfzehnten Jahrhunderte, wie es scheint, ein Versuch gemacht, ihm die Unmittelbarkeit zu entziehen. K. Wenzel nämlich verband sich 1408 mit dem Herzog Johann von Burgund gegen K. Ruprecht und verlieh ihm als Grafen von Burgund die regaliam Bisuntinam cum universis suis pertinentiis, wie sie dem Könige wegen der Vergehen des Erzbischofs heimgefallen sei.[3] In Folge dessen scheinen allerdings die erzbischöflichen Hoheitsrechte zum grossen Theil an Burgund gekommen zu sein[4]; mittelbar aber wurde, falls solches überhaupt beabsichtigt war, der Erzbischof dadurch nicht; schon 1415 bestätigte ihm als Reichsfürsten K. Sigismund in umfassendster Weise die Privilegien seiner Kirche[5], er erhielt auch später die Regalien vom Reiche[6] und behielt bis auf die letzten Zeiten seine Stimme im Reichsfürstenrathe.[7]

Eben so unzweifelhaft ist der Reichsfürstenstand eines seiner Suffragane, des Bisohofs von Basel[8]; er wird zudem nicht selten geradezu den deutschen Reichsständen zugezählt und deutschen Fürstbischöfen als Zeuge vorgestellt.

Nicht so einfach liegen die Verhältnisse bei einem andern Suffragane, dem Bischofe von Lausanne; sie fallen zum Theil mit denen eines Suffragan von Vienne, des Bischofs von Genf zusammen. K. Friedrich schloss 1152 einen Vertrag mit dem Herzoge von Zähringen, in welchem er diesem die Länder Burgund und Provence überlässt und worin es heisst: Post discessum regis dux utrasque terras in potestate et ordinatione sua retinebit, praeter archiepiscopatus et episcopatus, qui epecialiter ad manum domini regis pertinent; si quos autem episcopos comes Willehelmus vel alii principes eiusdem terrae investierint, eosdem dux investiat.[9] Wir dürfen danach wohl als Regel annehmen, dass die Investitur der burgundischen Bischöfe dem Reiche zustand, wenn auch einzelne mittelbar waren; insbesondere scheinen Genf und Lausanne durch diese Vergabung nicht berührt. Beide erschienen 1153 auf einem Hoftage zu Speier und der Kaiser sagt ausdrücklich: venientem ad curiam nostram dilectum nostrum A. venerabilem Gebennensem episcopum, sicut tantum principem nostrum decuit, benigne recepimus et in hiis, que ad donum regie maiestatis spectabant imperiali sceptro eum promovimus.[10] Nach seiner Heirath mit Beatrix von Burgund im J. 1156 hielt sich der Kaiser nicht an jenen Vertrag; regnum Burgundie cum archisolio Arelatensi, quod duces de Zaringin quamvis sine fructu, tantum honore nominis iure beneficii ab imperio

  1. z.B. 1224: Huillard 2, 817.
  2. 1229: Reg. Henr. r. n. 202. Conr. 69. Rud. 1255. Henr. VII 334. 644. Sudendorf Reg. 1, 125. 139.
  3. Chevalier 2, 639. Pelzel Wencesl. 2, 537.
  4. Vgl. Chevalier 2, 640 ff.
  5. Sudendorf Reg. 1, 144.
  6. Reg. Fr. IV n. 358. 1216. 8225.
  7. Moser 34, 344.
  8. Princeps z.B. 1218: Huillard 1, 558. Regalien: Reg. Rupr. n. 1597. Fr. IV 1101.
  9. M. G. 4, 91.
  10. Muratori ant. 6, 56.
Empfohlene Zitierweise:
Julius von Ficker: Vom Reichsfürstenstande. Innsbruck: Verlag der Wagnerschen Buchhandlung, 1861, Seite 291. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ficker_Vom_Reichsf%C3%BCrstenstande_319.jpg&oldid=- (Version vom 29.1.2017)