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aufgeführt[1]; für ihre dauernde Unmittelbarkeit spricht auch, dass zwar 1378 der Delfin zum Reichsvikar per totum delphinatum Wiennensem – nec non per totas dyoceses Valentinensem et Diensem bestellt und ihm die Verleihung der Reichslehen zugestanden wird, aber insignibus (feudis) episcoporum, comitum et baronum – exceptis[2]; noch 1448 wird der Bischof von Valence und Dié vom Reiche belehnt.[3]

Dem gegenüber muss es nun auffallen, dass dem Bischofe von Dié, wie überhaupt den burgundischen Bischöfen bei den zahlreichen Regalienbestätigungen und sonstigen Privilegien aus den J. 1214 und 1238, durchweg nicht der Titel princeps noster, sondern nur fidelis noster gegeben wird.[4] Wir wiesen allerdings nach, dass das auch bei erwiesenen Fürsten der Fall sei und an und für sich den Fürstenstand nicht ausschliesse[5]; aber jenes ist doch Ausnahme; wo der Ausdruck so durchgreifend gebraucht wird, wie hier, würde doch daran zu denken sein, dass man den Fürstentitel ausdrücklich vermied. Es ist nun aber zu beachten, dass jene Privilegien durchweg die vorgelegten, zum Theil vollständig inserirten oder mit Aenderung der Namen wörtlich wiederholten Privilegien K. Friedrichs I. aus dem J. 1157 oder den nächstfolgenden Jahrzehnten, zum Muster nehmen, sich ihnen insbesondere auch in den Titeln genau anschliessen. Damals nun, wie wir nachwiesen[6], kam der Gebrauch, den einzelnen Fürsten als princeps noster zu bezeichnen, erst auf, war noch keineswegs allgemein; die burgundischen Bischöfe damals nur als Fideles bezeichnet zu finden, wird gegen ihren Fürstenstand nicht den geringsten Zweifel erwecken können. Am deutlichsten tritt dieser Zusammenhang durch den Umstand hervor, dass da, wo ausnahmsweise schon die Kanzlei K. Friedrichs I. einen burgundischen Bischof als Princeps bezeichnet, wie wir oben beim Bischofe von Grenoble sahen, ihr die Kanzlei K. Friedrichs II. auch darin folgt. Die Verbindung der burgundischen Stände mit der Centralgewalt des Reiches war überhaupt eine so lockere, sich nur nach längeren Zwischenräumen wirksam zeigende, dass es nicht auffallen kann, wenn der Reichskanzlei ihre Beziehungen zur Reichsverfassung vielfach unklar sein mochten und dieselbe sich daher, ohne Rücksicht auf inzwischen eingetretene Veränderungen, möglichst an den Wortlaut der alten Privilegien hielt. Die weitern Untersuchungen werden uns zugleich zeigen, dass der Fürstenstand in Burgund und Italien nicht die Bedeutung hatte, wie in Deutschland, da ihm die wichtigsten Vorrechte fehlten; auf den Titel scheint man hier vielfach erst dann Werth gelegt zu haben, als die Reichsunmittelbarkeit der burgundischen Bischöfe durch die weltlichen Gewalten mehr und mehr bedroht wurde oder thatsächlich schon verloren war.

  1. Vgl. § 210 n. 22.
  2. Pelzel Karl 250.
  3. Reg. Fr. IV n. 2538.
  4. Vgl. Huillard 1, 330 ff. 5, 198 ff.
  5. Vgl. § 108.
  6. Vgl. § 29 n. 10.
Empfohlene Zitierweise:
Julius von Ficker: Vom Reichsfürstenstande. Innsbruck: Verlag der Wagnerschen Buchhandlung, 1861, Seite 301. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ficker_Vom_Reichsf%C3%BCrstenstande_329.jpg&oldid=- (Version vom 29.1.2017)