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dem Ausgange der Salier mitwirken mochte, dass die Könige sich nicht veranlasst fanden, Reichsabteien zu stiften. Auch die Fälle sind selten, dass eine mittelbare Abtei zur Reichsabtei wurde und gewöhnlich handelte es sich dann nur um eine Restitution; Erwerbung von Abteien, welche nicht schon früher dem Reiche gehörten, sind mir aus dieser spätern Zeit kaum bekannt. Ein Beispiel gibt etwa die Abtei S. Truden im Lütticher Sprengel, deren Temporalien dem Bischofe von Metz gehörten; 1171 verpfändete dieser sie an den Kaiser, welcher demzufolge in der Chronik des Klosters specialis post deum et s. Trudonem tunc eorum dominus heisst; doch scheint die Abtei bald wieder an Metz gekommen zu sein.[1]

Kennt Alberich in seiner früher angeführten Aufzählung der Reichsfürsten nur quidam excellentiores nigri abbates als Fürsten [2], also lediglich Aebte des Benediktinerordens, so stimmt das mit der bisherigen Erörterung durchaus überein; die Gründung der Klöster der Prämonstratenser und Cisterzienser fällt in eine Zeit, in welcher nach unserer Annahme Reichsabteien überhaupt nicht mehr gegründet wurden, während zugleich die eigenthümlichen Satzungen der letztern mit der Eigenschaft einer Reichsabtei durchaus unvereinbar waren.

Wir werden nun im einzelnen zu prüfen haben, welche Abteien wir als fürstliche nachweisen können und ob diese wirklich in die Reihe derjenigen gehören, bei welchen wir nach der bisherigen Erörterung den Fürstenstand vermuthen dürfen; wir werden weiter auf einzelne hinweisen, welche nach denselben Gesichtspunkten fürstliche sein müssten, obwohl uns bestimmte Zeugnisse für ihren Fürstenstand nicht vorliegen. Wir werden aber ferner, um für spätere Untersuchungen eine festere Grundlage zu bekommen, auch solche Abteien berücksichtigen, für welche später Reichsunmittelbarkeit und Reichsstandschaft beansprucht wurde, welche wir später vielfach in derselben Stellung zum Reiche finden, wie die altfürstlichen Abteien, während sie doch nach Massgabe der gewonnenen Anhaltspunkte nie Reichsabteien waren. Für manche spätere Erörterung wird es uns zugleich von Werth sein, zu wissen, ob spätere mittelbare Abteien früher Reichsabteien gewesen seien; wir werden daher auf die wichtigsten derselben auch dann hinweisen, wenn dieselben bei früher Veräusserung vom Reiche für unsere nächsten Zwecke keine Bedeutung haben. Auf mannichfache Widersprüche und Unklarheiten werden wir uns freilich auch hier gefasst machen müssen, zumal wenn die Zeugnisse späterer Zeit angehören, wo die Reichskanzlei selbst über die rechtliche Stellung mancher kleinerer Reichsstände oft nur sehr ungenügend unterrichtet gewesen zu sein scheint.

229Wir beginnen die Untersuchung mit Schwaben, wo später die reichsunmittelbaren Klöster am zahlreichsten waren, zumal im Sprengel von Konstanz. Unzweifelhafte Reichsfürsten sind hier zunächst die Aebte

  1. Vgl. Gesta abb. Trud. M. G. 12, 337. 356. 357.
  2. Vgl. §63.
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Julius von Ficker: Vom Reichsfürstenstande. Innsbruck: Verlag der Wagnerschen Buchhandlung, 1861, Seite 359. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ficker_Vom_Reichsf%C3%BCrstenstande_359.jpg&oldid=- (Version vom 9.9.2019)