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der alten Benediktinerklöster Reichenau [1], S. Gallen [2], Einsiedeln [3]; sie werden ausdrücklich als Fürsten bezeichnet, erscheinen als solche durch ihre Zeugenstellung und werden vom Reiche mit den Regalien belehnt. Die Abteien gehörten von altersher dem Reiche; Reichenau fanden wir unter denen, nach deren Muster andere Abteien gefreiet werden [4]; und S. Gallen gehört zu diesen letztern [5]; in den Annalen von Einsiedeln heisst es zum J. 1142: Electus vero noster Rudolfus, accepta statim a rege abbatia, coram principibus honorifice sublimatus, tertio die – est consecratus.[6] Dass wir sie später auf den Reichstagen weder unter den Fürsten noch unter den Prälaten finden, erklärt sich bei Reichenau daraus, dass es seit 1540 dem Bisthume Konstanz einverleibt war; doch verlangte noch 1712 der Bischof für Reichenau eine Stimme auf der Reichsfürstenbank.[7] Für S. Gallen und Einsiedeln, deren Aebte noch später den fürstlichen Titel führten, wurden ihre Beziehungen zur Eidgenossenschaft entscheidend, obwohl insbesondere der Abt von S. Gallen noch lange trotz derselben seine Reichsstandschaft zu behaupten trachtete.[8] Der Abt von Kempten führte seit 1548 eine unbestrittene Stimme im Fürstenrathe; bis dahin stimmte er mit den Prälaten.[9] Dem schiene es zu entsprechen, wenn ich denselben auch in früherer Zeit nicht als Fürsten bezeichnet finde und für seinen Fürstenstand von äussern Kennzeichen nur anzuführen weiss, dass er in Kaiserurkunden 1217 und 1225 dem Fürstabte von Elwangen vorsteht.[10] Jenes dürfte aber nur Zufall sein, da die Abtei zu den angesehensten Reichsabteien gehörte. Wir finden sie schon in dem Verzeichnisse vom J. 817, in welchem die Reichsabteien aufgeführt sind, quae dona et militiam facere debent, weiter quae tantum dona dare debent sine militia, endlich quae nec dona nec militiam dare debent, und zwar in der zweiten Klasse [11]; um 958 erhielt der Bischof von Augsburg die Abtei vom Könige, 1026 wurde sie vom König an den Herzog von Schwaben geschenkt [12]; von einer nochmaligen Schenkung an Schwaben weiss Lambert zum J. 1063 [13]; doch dürfte diese vor die Urkunde vom J. 1062 fallen, in welcher der König der Abtei pristinam libertatem et ad sola regalia respectionem bestätigt, so dass niemand sie a nostro iure scilicet a regalibus abalienare presumat.[14] Seitdem scheint sie Reichsabtei geblieben zu sein; ecclesia regalis heisst

  1. Fürst: 1240. 1310: Huillard 5, 1204. Herrgott 3, 597. Regalien: Reg. Rupr. n. 2527. Fr. IV 311. 1272. 3064. 3302. Stellung: vgl. § 120 n. 6. 125 n. 1.
  2. Fürst: 1232-1361: Huillard 4, 582. Ughelli 5, 408. Hund 3, 272. Neugart 2, 349. 350. 351. 374. 421 Glafei 544. vgl. § 65 n. 4. Regal.: Reg. Rud. n. 1227. Lud. 1663. Fr. IV 1141. 8701. 1361: Glafei 540. Stell.: vgl. § 120 n. 6. 125 n. 1.
  3. Fürst: 1274: Herrgott 2. 442. vgl. § 65. n.5. Stell.: Huillard 1, 259. Regal.: Reg. Rud. n. 56. Albr. 161. Fr. IV 1129.
  4. 4. Vgl. § 224 n. 7.
  5. 873: Reg. Karol. n. 834. 836. 1100.
  6. M. G. 5, 147.
  7. Lünig 19, 516.
  8. Vgl. Moser 37. 202. 238 ff. Gebhardi 1, 290.
  9. Moser 34, 383.
  10. Huillard 1, 498. 2, 828.
  11. M. G. 3, 223.
  12. M. B. 33, 2. Wippo c. 11.
  13. M. G. 7, 167.
  14. M. B. 31, 346.
Empfohlene Zitierweise:
Julius von Ficker: Vom Reichsfürstenstande. Innsbruck: Verlag der Wagnerschen Buchhandlung, 1861, Seite 360. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ficker_Vom_Reichsf%C3%BCrstenstande_360.jpg&oldid=- (Version vom 9.9.2019)