Seite:Ficker Vom Reichsfürstenstande 365.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

sondern Benediktbeuern betreffen.[1] Beim Vorliegen hinreichender urkundlicher Nachrichten über das Kloster wird uns dasselbe als Beleg dienen müssen, dass auch bei unbestrittenen Reichsabteien der Fürstentitel anscheinend niemals in Gebrauch kam. Dasselbe würde zu gelten haben von der später unter den Prälaten vertretenen Abtei S.Ulrich und Afra zu Augsburg, wenn wir uns auf die Urkunden von 1023 und 1029 verlassen dürften, durch welche der Kaiser sie in seinen Schutz nimmt und sie mit aller Freiheit begabt, qua cetera monasteria imperialia ubicunque terrarum nostri imperii perfrui videbuntur: Urkunden, welche allerdings später als rechtliche Grundlage der Unmittelbarkeit der Abtei betrachtet worden zu sein scheinen, da sie 1661 und später vom Kaiser bestätigt wurden.[2] Diese Urkunden sind aber unzweifelhafte Fälschungen; und wenn der Bischof von Augsburg später, wenn auch erfolglos, die weltliche Hoheit über die Abtei beanspruchte[3], so scheint das nur dem ältern Rechtsverhältnisse entsprochen zu haben; denn 1185 bestätigte der Papst dem Bischofe ganz ausdrücklich: Monasterium etiam sancti Uodalrici cum integritate iustitie et servitii, que predecessores tui usque ad tempus tuum rationabiliter habuerunt.[4] Als Reichsabteien werden 817 auch Feuchtwangen und Wessobrunn aufgeführt; ersteres dürfte dem Reiche früh entfremdet sein; von letzterem werden noch 1155 Leistungen an das Reich erwähnt[5]; von einer Reichsunmittelbarkeit scheint später nie mehr die Rede gewesen zu sein. Die Reichsabtei Polling wurde 1065 an das Bisthum Brixen geschenkt.[6]

Von andern Abteien des Sprengels, welche später als reichsunmittelbar unter den Prälaten vertreten waren, ist keine als fürstliche zu erweisen; eben so wenig aber auch als Reichsabtei; sie gehören vielmehr zu Klassen, bei welchen wir von vornherein nicht auf den Fürstenstand vermuthen. Von den Benediktinerklöstern gehörten Neresheim und Elchingen der römischen Kirche[7]; wird letzteres 1484 gefürstete Abtei genannt[8], so kann das nur eine vereinzelte Unregelmässigkeit sein. Irsee weiss ich freilich als römisches Kloster nicht nachzuweisen, es sei denn, dass es etwa das monasterium S. Martini in Ihsan des Cencius camerarius wäre; doch soll es erst 1182 gestiftet sein und wird noch in königlicher Urkunde von 1227, worin keiner Beziehung zum Reiche gedacht wird, als novella plantatio bezeichnet[9], so dass es schon nach Massgabe der Gründungszeit kaum Reichsabtei gewesen sein dürfte. Ursperg und Roggenburg, erst 1349 und 1440 aus Probsteien zu Abteien gemacht, letzteres auch nach Rom zinspflichtig, waren Prämonstratenserklöster, Kaisersheim Cisterzienserkloster. In spätern

  1. Vgl. Moser 36, 502. 533.
  2. M. B. 22, 161. 164. 752.
  3. Vgl. Moser 37, 57.
  4. M. B. 33, 45.
  5. M. B. 7, 384.
  6. Reg. imp. n. 1795.
  7. Wirtemb.UB. 1, 304. 367. Cencius cam. ap. Muratori ant. 5, 879.
  8. Reg. Fr. IV n. 7696.
  9. Huillard 3, 385.
Empfohlene Zitierweise:
Julius von Ficker: Vom Reichsfürstenstande. Innsbruck: Verlag der Wagnerschen Buchhandlung, 1861, Seite 337. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ficker_Vom_Reichsf%C3%BCrstenstande_365.jpg&oldid=- (Version vom 9.9.2019)