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wieder die perfectissima regalis libertas zugesichert[1]; 1201 kam es bleibend an das Erzstift und mit ihm Seon[2], welches 999 vom Stifter dem Reiche übergeben und vom Kaiser mit der Freiheit sicut aliae liberales abbatiae begabt wurde.[3] Oetting, 876 von Karlmann gestiftet, scheint schon von Arnulf an Passau gegeben zu sein.[4] Das Nonnenkloster Göss wurde 1020 vom Stifter dem Kaiser libertandi gratia übergeben[5], gleichzeitig aber auch dem römischen Stuhle zu jährlichem Zinse verpflichtet[6], welchen auch Cencius camerarius erwähnt. Der Freiheitsbrief von 1020 wird zwar 1230 und 1279 vom Könige bestätigt[7]; sonst fehlt aber jede Andeutung, dass man es später als Reichsabtei betrachtete. Die Vogtei war vom Kaiser dem Herzoge von Steier übertragen und scheint zur Mittelbarkeit geführt zu haben; 1414 werden vom Herzoge wohl die Freiheiten bestätigt, aber mit Vorbehalt der landesherrlichen Rechte; ebenso bestätigt sie 1461 K. Friedrich nicht bloss als Kaiser, sondern auch als Landesfürst.[8]

Im Passauer Sprengel kam die Reichsabtei Niederaltaich 1063 an den Herzog von Baiern[9], doch wohl nicht für lange Zeit; 1152 aber schenkte K. Friedrich sie dem Bischofe von Bamberg und wiederholte die Schenkung 1154 und 1160[10]; der Abt empfing, wie es im kaiserlichen Privileg bestimmt war, 1153 die Investitur vom Bischofe.[11] Auffallen muss es daher, wenn der Abt 1274 von K. Rudolf ausdrücklich als Fürst bezeichnet wird[12], während doch das Abhängigkeitsverhältniss nicht aufgehört hatte, da der Bischof 1279 dem neugewählten Abte gegen Ablegung des Treueides amministracionem regalis iuris, quod ad nos ex imperiali donacione pertinere dinoscitur[13], verleiht und eine Regalienverleihung durch das Reich nie erwähnt wird. Von den ausser Altaich in der Matrikel von 817 genannten Reichsabteien kam Mondsee 833 an Regensburg[14], Matsee 876 an Oetting und dann wohl mit diesem an Passau[15], Kremsmünster vor 976 an Passau.[16] Das Nonnenkloster Niedernburg zu Passau wurde schon 976 dem Bischofe geschenkt, dann 1161, kam aber nochmals wieder an das Reich bis zu einer wiederholten Schenkung im J. 1193.[17]

Beachtenswerth dürfte es nun sein, dass es im ganzen Umfange 238 der baierischen und kärnthnischen Marken weder später reichsunmittelbare Abteien gab, noch auch in früherer Zeit, wenn wir von Göss absehen, hier Abteien dem Reiche gehörten; gleiches war der Fall in Böhmen und Mähren. Dieselbe Erscheinung kehrt nun auch in den sächsischen Marken wieder. Aus der ganzen Kirchenprovinz von Magdeburg, so weit sie sich jenseits Elbe und Saale über die Marken erstreckt, wird in spätern Verzeichnissen nur die 1175 gegründete Abtei

  1. Hund 2, 241.
  2. M. B. 29, 505. 2, 132.
  3. M. B. 31, 266.
  4. Hund 3, 59. 60.
  5. Dipl. Stir. 1, 10.
  6. C. Udalr. ep. 89.
  7. Dipl Stir. 1, 20. 22.
  8. Dipl. Stir. 1, 25. 45. 60.
  9. Lambert M. G. 7, 167.
  10. M. B. 11, 165. 169. 172.
  11. Pez c. d. 1, 366.
  12. M. B. 11, 249.
  13. M. B. 11, 254.
  14. Reg. Kar. n. 726.
  15. Hund 3, 59. 60.
  16. Hund 1, 360.
  17. Reg. imp. n. 512. 2442. 2444. 2794.
Empfohlene Zitierweise:
Julius von Ficker: Vom Reichsfürstenstande. Innsbruck: Verlag der Wagnerschen Buchhandlung, 1861, Seite 345. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ficker_Vom_Reichsf%C3%BCrstenstande_373.jpg&oldid=- (Version vom 9.9.2019)