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Zinna im Brandenburger Sprengel als zeitweise reichsunmittelbar erwähnt, weil in der Matrikel von 1431[1] und einigen spätern Anschlägen ein Abt von der Zinne oder Zune aufgeführt ist; doch ist es sehr zweifelhaft, ob damit jenes brandenburgische Kloster gemeint sei.[2]

Reichsabteien finden wir nur in den Theilen der Provinz erwähnt, wo Grafschaftsverfassung bestand. Die Abtei Nienburg im Magdeburger Sprengel war von ihren Gründern 975 dem Reiche übergeben[3]; 1133 finden wir den Abt unter den Fürsten genannt, 1145 steht er dem Fürstabte von Stablo vor[4]; 1166 wurde dann die Abtei von K. Friedrich an den Erzbischof von Magdeburg vertauscht.[5] Der Abtei Memleben in dem früher zu Halberstadt gehörigen Theile des Merseburger Sprengels wurde noch 1002 das Recht von Fulda, Korvei, Reichenau und den andern Klöstern nostri iuris bestätigt[6], dieselbe dann aber 1015 an Hersfeld geschenkt.[7]

Auch in der ganzen Kirchenprovinz von Bremen finden wir keine Reichsabteien; Reichsunmittelbarkeit wurde später nur für das Stift S. Johann zu Lübeck in Anspruch genommen, welches bis 1250 Benediktinerabtei, dann Cisterziensernonnenkloster gewesen war.[8]

239 Was die Mainzer Suffraganbisthümer in Sachsen betrifft, so fehlen dem Verdener Sprengel Reichsabteien; wenn der Abt von Lüneburg 1133 unter Fürsten genannt wird, so glaubten wir das schon früher einem zeitweisen Ausnahmsverhältnisse zuschreiben zu müssen.[9]

Im Sprengel von Halberstadt ist Fürstin die Aebtissin von Quedlinburg[10], einer der angesehensten Reichsabteien[11]; sie behielt auch später den fürstlichen Titel und eine Stimme auf der Prälatenbank, obwohl sie ihre Landeshoheit an Brandenburg auf Gründe hin verlor, bei welchen die insbesondere durch von Ludewig vertretene Theorie von der vollen Landeshoheit der alten Nationalherzoge eine grosse Rolle spielt.[12] Ungewisser ist die Stellung der Aebtissin von Gernrode. Der Gründer, Markgraf Gero, sagt 963: limina apostolorum Petri et Pauli adii et idem monasterium cum omnibus pertinentiis eius ubicumque positis et annuali censu ditioni illorum in perpetuum subdidi; auch führt noch Cencius camerarius das Kloster unter den nach Rom zinspflichtigen auf, wozu freilich nicht lediglich die dem römischen Stuhle zustehenden Abteien, sondern auch unzweifelhafte Reichsabteien, wie Quedlinburg und Gandersheim, gehörten.[13] Und wie das dem römischen Stuhle zustehende Bisthum Bamberg auch als Reichsbisthum betrachtet wurde, so auch Gernrode als Reichsabtei, insofern ihm 999 und 1029

  1. Aschbach Sigism. 3, 421. Datt 171.
  2. Vgl. Moser 37, 263.
  3. Chr. Montis Sereni ed. Eckstein. 35.
  4. M. G. 4, 81. Lappenberg 168.
  5. Reg. imp. n. 2513. 2514. 2519.
  6. Wenck 8, 40.
  7. Reg. imp. n. 1134.
  8. Moser 37, 56.
  9. Vgl. § 43 n. 5.
  10. Fürstin: 1216 u.s.w.: Erath 134. M. G. 4, 278. Riedel 1, 89. Lünig 18, 205. 208. 215 u.s.w. Regalien: Reg. Lud. n. 615. Fr. IV. 4211. 1680: Lünig C. F. 1, 511. Vgl. Moser 37, 16.
  11. Vgl. § 224 n. 8.
  12. Vgl. Moser 37, 24.
  13. Muratori ant. 5, 807. 876.
Empfohlene Zitierweise:
Julius von Ficker: Vom Reichsfürstenstande. Innsbruck: Verlag der Wagnerschen Buchhandlung, 1861, Seite 346. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ficker_Vom_Reichsf%C3%BCrstenstande_374.jpg&oldid=- (Version vom 9.9.2019)