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übergeben, welcher ihm talis libertatis ac legis primatum, qualem Gandesheim, Quitilinburg, Herivurti tenere videntur, verlieh. Im J. 1147 wurden dann beide Abteien an Korvei gegeben.[1]

Im Sprengel von Osnabrück fehlen Reichsabteien; der von Münster hat solche nur in früherer Zeit. Die Schenkung der Abtei Vreden an Bremen im J. 1055[2] blieb wohl ohne Erfolg; K. Friedrich vertauschte sie mit Hervord an Köln; der Tausch wurde zwar 1198 rückgängig gemacht[3]; doch muss das bezüglich Vredens gar nicht ausgeführt sein, oder der Erzbischof muss die Abtei wiederzuerwerben gewusst haben, da ihm zu Vreden alle Hoheitsrechte, insbesondere die Bestätigung der Aebtissin, zustehen[4], und von einer Unmittelbarkeit der Abtei nie mehr die Rede ist. Auch Liesborn, 1019 dem Bischofe von Münster durch K. Heinrich bestätigt[5], scheint früher Reichsabtei gewesen zu sein.

Im westfälischen Theile des Kölner Sprengels war Essen eine der 241 Reichsabteien, welche bei Freibriefen für Nonnenklöster als Muster genannt werden[6]; die Aebtissin war Reichsfürstin[7] und führte auch später den fürstlichen Titel und Stimme unter den Prälaten. Eigentümlich sind die Bestimmungen des Freibriefes vom J. 1000 für das von der Gründerin dem Schutze des Kaisers übergebene Kloster Oedingen: Unde et nos eiusdem monasterii curam mundiburdiumque suscipientes episcopo Coloniensi committimus talemque libertatem, quali cetera nostri monasteria regni legitima Asnidi scilicet, Quidilingoburg, aliaque utuntur, sibi perdonavimus.[8] Auffallend ist die Ueberweisung an Köln neben der Freiheit der begünstigsten Reichsabteien; dem Bischofe wird ausdrücklich die Befugniss, Dienste vom Kloster zu fordern und eine Aebtissin gegen den Willen der Kongregation einzusetzen, abgesprochen; doch muss jene Ueberweisung mindestens thatsächlich die Reichsunmittelbarkeit der Abtei, für welche spätere kaiserliche Freibriefe fehlen, beseitigt haben. Auch Meschede muss nach Massgabe seiner bis 997 reichenden kaiserlichen Freibriefe und Schenkungen Reichsabtei gewesen sein; seit 1042 sind die Gunstbriefe von den Erzbischöfen von Köln, welchen die Abtei unzweifelhaft unterworfen war.[9] Im siebzehnten Jahrhunderte erhob das Fräuleinstift Rellinghausen gegen Essen Ansprüche auf Reichsunmittelbarkeit[10]; es war aber unzweifelhaft ein dem Stifte Essen gehörender Filialkonvent.[11]

Im lothringischen Theile des Kölner Sprengels kam die Abtei Werden 877 von den Erben des Gründers an das Reich[12]; der Abt

  1. C. d. Westf. 1, 17. 60. 87. 2, 47.
  2. Lappenberg 110.
  3. Lacomblet 1, n. 562.
  4. Seibertz 1, 638. 639. Vgl. Niesert US. 4, 193. UB. 2, 501.
  5. C. d. Westf. 1, 77.
  6. Vgl. § 224 n. 8.
  7. Fürstin: 1231-1372: Lacombl. 2, n. 174. 676. 3, n. 733. 734. Kindlinger Volmest 2, 361. Regalien: 1310. 49. 72: Lac. 3, n. 733. Reg. Fr. IV n. 629.
  8. Seibertz 1, 21.
  9. Vgl. Seibertz 1, 6. 7. 12. 15. 16. 17. 20. 29. 38. 39. 105 u.s.w.
  10. Moser 37, 222.
  11. Vgl. Lacombl. 2, n. 174. 255.
  12. Lacombl. 1, n. 70. Vgl. Westfäl. Zeitschr. 18, 236.
Empfohlene Zitierweise:
Julius von Ficker: Vom Reichsfürstenstande. Innsbruck: Verlag der Wagnerschen Buchhandlung, 1861, Seite 349. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ficker_Vom_Reichsf%C3%BCrstenstande_377.jpg&oldid=- (Version vom 9.9.2019)