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Burtscheid war früher Benediktinermannskloster und Reichsabtei; 1138 bestätigt K. Konrad: ut abbat ipsius cenobii nulli penitus nisi regie persone subditus existat[1]; Kennzeichen des Fürstenstandes weiss ich aber für ihn nicht nachzuweisen. Erzbischof Engelbert von Köln, vom Kaiser mit der Reformation der verfallenen Abtei beauftragt, versetzte in dasselbe Cisterziensernonnen, was der Kaiser 1222 bestätigte.[2] Des Umstandes, dass damit der Fortbestand der Rechte des Reichs unvereinbar sei, welchen wir in einem ähnlichen Falle bestimmt betont fanden[3] wird dabei nicht gedacht; doch scheint die Stellung von der anderer Cisterzienserabteien nicht verschieden gewesen zu sein; 1236 nimmt der Kaiser sie ohne Erwähnung besonderer Beziehungen zum Reiche in seinen Schutz.[4] Doch mag das alte Verhältniss es erleichtert haben, dass die Aebtissin sich bei ihrer Reichsunmittelbarkeit und Reichsstandschaft unter den Prälaten behauptete; Kreisstand war sie nicht, führte auch nie den fürstlichen Titel.[5]

Dass Thorn früher Reichsabtei gewesen sei, wie man nach der spätern Stellung vermuthen sollte, ist mir sehr zweifelhaft. In der Stiftungsurkunde der Gräfin Hilswind vom J. 992 fehlt jede bezügliche Andeutung; eben so wenig spricht dafür der Gunstbrief, welchen auf Verwendung des Bischofs von Lüttich dem Kloster Thorn, eiusdem episcopi episcopatui subiecto, K. Heinrich im J. 1007 ertheilt; er verleiht Zoll und Marktrecht und bestätigt Schenkungen des Bischofs; von Reichsfreiheit ist nicht die Rede.[6] Und doch scheint die Abtei keine weitere kaiserliche Privilegien besessen zu haben, da nur dieses ihr 1292 von K. Adolf bestätigt wird, welcher dabei die Aebtissin nur honorabilis nennt; auch sonst fehlt jedes Zeichen des Fürstenstandes und wir finden nur Privilegienbestätigungen, nicht Regalienverleihungen durch das Reich.[7] Die Ausdrücke der Urkunde von 1007, wie der Umstand, dass spätere Veräusserungen und Verträge der Abtei vom Bischofe von Lüttich bestätigt werden[8], sollten eher darauf schliessen lassen, dass sie diesem auch in ihren Temporalien unterworfen war; sie würden sich freilich auch aus den kirchlichen Beziehungen erklären. Im J. 1586 bezeugte die Stadt Aachen, dass Thorn ein gefürstetes Stift und unmittelbarer Reichsstand sei[9]; Spanien bestritt die Unmittelbarkeit; die Aebtissin, welche sich 1706 auch Fürstin nannte, doch nicht ohne Widerspruch, wusste sich schliesslich als Reichsstand und westfälischer Kreisstand zu behaupten.[10]

Für den Abt von S. Truden findet sich 1442 eine vereinzelte Reichsinvestitur[11]; wir bemerkten schon früher, dass die Abtei dem Bischofe von Metz gehörte und nur zeitweise durch Verpfändung ans

  1. Lacombl. 1, n. 326.
  2. Lacombl. 2, n. 98.
  3. Vgl. § 227 n. 14.
  4. Quix Abtei Burtscheid 231
  5. Vgl. Moser 36, 446.
  6. Miraeus 1, 146. 507.
  7. Vgl. Lünig 11, 919 ff.
  8. 1243. 99: Miraeus 2, 856. 880.
  9. Lünig 11, 923.
  10. Vgl. Moser 37, 64. Lünig C. F. 1, 78.
  11. Reg. Fr. IV. n. 625.
Empfohlene Zitierweise:
Julius von Ficker: Vom Reichsfürstenstande. Innsbruck: Verlag der Wagnerschen Buchhandlung, 1861, Seite 362. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ficker_Vom_Reichsf%C3%BCrstenstande_380.jpg&oldid=- (Version vom 9.9.2019)